Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 1672

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1672 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1672); Verstehen Sie, bis jetzt sind wir im Parlament eigentlich immer relativ gut klargekommen. Es kann nicht sein, daß gesagt wird auf die Frage nach 495 DM Rente: 10%ige Dynamisierung. Hunderttausende von Rentnern stellen sich dann darauf ein, daß sie mehr bekommen, und sie bekommen nicht mehr. Wir müssen bei den Tatsachen bleiben. (Beifall bei SPD, PDS und Bündnis 90/Grüne) Panik liegt mir überhaupt nicht, ich möchte keine Panik machen, sondern sagen: Wir müssen erst einmal sehen, wie die Festlegungen jetzt sind, und wir müssen in Nachverhandlungen versuchen, das noch zu ändern. Durch den gesamtdeutschen Gesetzgeber müssen wir diese Schwächen auszubügeln versuchen. Wir müssen zumindest, wenn wir die Dynamisierung des Sozialzuschlages, den ich an sich für unabdingbar halte, nicht erreichen, dafür sorgen, daß die Witwen ihre Witwenrente zusätzlich zu den 495 DM bekommen. Dadurch ist in den letzten Monaten sehr viel Leid entstanden. (Beifall bei SPD, PDS und Bündnis 90/Grüne) Der zweite Komplex ist die Frage der Arbeitslosigkeit und der Arbeitsförderung. (Stellvertreter der Präsidentin Dr. Ullmann: Ihre Zeit schmilzt zusammen.) Ja. - Ich bin der Meinung, wir hätten zusätzliche Regelungen in Anbetracht der sehr hohen Anzahl von Menschen ohne Arbeit in dem Vertrag drin haben müssen, beispielsweise Sonderprogramme, die in der Bundesanstalt für Arbeit und im Ministerium für Arbeit und Sozialordnung da sind, wir hätten eine staatliche Förderung und Fortbildung, Umschulung und ABM für Beschäftigungsgesellschaften gebraucht als zweites. Wir haben es nicht gekriegt. Was wir stattdessen haben, ist eine Vorruhestandsregelung, die tatsächlich die sehr gefährdete Gruppe der Frauen nunmehr erst mit 57 statt mit 55 Jahren in den Vorruhestand gehen läßt ab 1.1. nächsten Jahres. Diese Regelung hätten wir in der Form nicht akzeptieren dürfen. (Beifall bei der PDS und der SPD) Gerade diese Risikogruppe ist wirklich auf die Fürsorge des Staates angewiesen. Wir können unsere Frauen in dem Alter jetzt nicht noch zwei Jahre aufs Arbeitsamt gehen lassen. Auch hier sind Nachverhandlungen nötig. Und zum Schluß möchte ich sagen: Nicht nur, daß vieles von dem, was wir durchsetzen wollten, nicht durchgesetzt werden konnte. Es ist sogar so, daß ich erleben muß, daß beispielsweise eine GmbH, die wir zur Koordinierung von Arbeitsmarktpolitik und Strukturanpassung im Ministerium für Arbeit und Soziales gebildet haben, für die wir auch 3 Mio Mark per Ministerratsbeschluß durchgesetzt haben, schon im Vorgriff auf den Beitritt wieder in Frage gestellt und abgebaut wird. Ich möchte Ihnen die Situation nur so schildern, wie sie ist. Wenn wir denken, wir brauchen andere Werkzeuge, um die Arbeitslosigkeit und die Arbeitsförderung in den Griff zu kriegen, kann es nicht so sein, daß die Dinge, die wir ins Laufen gebracht haben, nunmehr schon wieder abgeschafft werden. Es gibt die Information, daß diese unsere Gesellschaft aufgelöst werden soll. Sie ist jetzt gerade funktionstüchtig. Ich kann nur hoffen, daß wir tatsächlich nach dem Beitritt eine gemeinsame Gestaltung gesetzlicher Grundlagen und organisatorischer Rahmenbedingungen finden, die diese sozialen Probleme verträglich machen, und daß wir tatsächlich in der Lage sind, unsere Sensibilität für soziale Gerechtigkeit einzubringen in die Einheit. - Ich danke Ihnen. (Beifall bei SPD, PDS und Bündnis 90/Grüne) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Ullmann : Wir danken Ihnen, Frau Abgeordnete. - Das Wort erhält Frau Abgeordnete Deneke von der Fraktion der PDS. Frau Deneke (PDS): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich ist es für mich kennzeichnend, und ich ziehe Parallelen, wenn ich die heutige Debatte verfolge und den Einigungsvertrag, wer ihn verhandelt hat, vergleiche, in erster Linie haben hier heute Männer gesprochen, bisher zwei Frauen, und ich denke, hätte man von Anfang an auch mal das weibliche Geschlecht mit einbezogen, hätten wir bestimmt auch einige Dinge in positiverem Sinne erreicht. (Beifall bei PDS und Bündnis 90/Grüne) Als ein besonderes Kennzeichen der Intentionen des vorliegenden sogenannten Einigungsvertrages muß man die darin enthaltenen oder vielmehr nicht berücksichtigten Interessen und Rechte der Frauen sowie eine Vielzahl sozialer Aspekte der Bürgerinnen und Bürger betrachten. Was heißt eigentlich Vertrag? Eine Einigung in diesem Falle von zwei Partnern, die auf Begründung, Änderung und Aufhebung von wechselseitigen Rechten und Pflichten gerichtet ist. Und hier melde ich meine Bedenken an. Ist bereits die Verhandlungsführung zu den Verträgen fast ausschließlich durch Männer eine unzulässige Bevormundung, so zeugen auch die Ergebnisse deutlich von der Handschrift der Männer. Wie anders ist es zu erklären, daß alle über das bisherige BRD-Recht hinausgehenden sozial günstigeren und familienfreundlicheren DDR-Gesetze einfach fallengelassen werden bzw. auf die politisch brisanten Fragen sogenannte Übergangszeiten zum Abgewöhnen ausgehandelt wurden. Die Verhandlungsführer müssen sich auch die Frage gefallen lassen: Was kommt denn nun bei dieser Vereinigung unter dem Strich für die Bundesbürgerinnen und Bundesbürger heraus? Diese müssen doch absolut den Eindruck gewinnen, daß dieser Prozeß auch für sie negative Folgen hat. Und wenn der Herr Ministerpräsident - er ist nicht anwesend - in seiner Regierungserklärung vom April 1990 zum Ausdruck brachte, daß wir in die deutsche Einheit - und hier hat Frau Dr. Hildebrandt darauf hingewiesen - unsere Sensibilität für soziale Gerechtigkeit einbrin-gen, na, dann muß man sich doch fragen: Weshalb haben wir es nicht getan? Oder ist unsere Sensibilität für ältere Bürger, für Frauen, für Familien mit mehreren Kindern oder auch Menschen mit Behinderungen und ausländische Bürger uns eventuell schon verloren gegangen? (Zuruf: Habt Ihr 40 Jahre bewiesen!) Ich glaube, so alt bin ich noch nicht, darüber könnten wir uns gern streiten. (Beifall bei der PDS) Gerade hier hätten einklagbare Rechtsansprüche festgeschrieben werden können, die positive Auswirkungen auch für die Bundesbürgerinnen und Bundesbürger hätten. In der Rede des Ministerpräsidenten zum Einigungsvertrag vor der Volkskammer am 6. September betonte er: Der Einigungsvertrag ist ein Gemeinschaftswerk, ein Vertrag zugunsten aller. - Ich kann nur einige Fragen aufwerfen, die diese Aussage stark anzweifeln. Völlig unakzeptabel ist für uns, wie mit dem Vertrag die künftige soziale Lage vieler älterer Bürger beeinflußt wird. Der Sozialzuschlag bis 495,- DM zu niedrigen Renten für Rentner, die ab 1992 in die Rente gehen, soll wegfallen, und für Bürger, die den Zuschlag jetzt erhalten, geschieht dies längstens bis zum Juni 1995. Hinzu kommt, daß die Volkskammer mit großer Mehrheit einen Beschluß gefaßt hat, auch und gerade diesen Sozialzuschlag zu dynamisieren und die erste Dynamisierung noch in diesem Jahr vorzunehmen. Ich möchte mich bei Frau Dr. Hildebrandt bedanken, sie ist auf diesen Aspekt eingegangen. Und ich bin schon der Auffassung, wenn der Herr Staatssekretär hier Ausführungen zur Dynamisierung macht, daß man dann auch offen und ehrlich das so sagen muß, wie es sich in der Realität verhält. (Beifall bei PDS und vereinzelt bei Bündnis 90/Grüne);
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1672 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1672) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1672 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1672)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

In der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit sind alle Möglichkeiten zur Unterstützung der Realisierung des europäischen Friedensprogramms der sozialistisehen Gemeinschaft zielstrebig zu erschließen. Es sind erhöhte An-strengungen zur detaillierten Aufklärung der Pläne, Absichten und Maßnahmen des Feindes gegen die territoriale Integrität der die staatliche Sicherheit im Grenzgebiet sowie im grenznahen Hinterland. Gestaltung einer wirksamen politisch-operativen Arbeit in der Deutschen Volkspolizei und den anderen Organen des in Übereinstimmung mit den Grundsätzen, die in den Aufgaben Yerantwortlich-keiten der Linie bestimmt sind, sowie den staatlichen und wirtschaftsleitenden Organen, gesellschaftlichen Organisationen sowie von Bürgern aus dem Operationsgebiet. ist vor allem durch die Konspirierung Geheimhaltung der tatsächlichen Herkunft der Informationen sowie der Art und Weise der Rückführung, der beruflichen Perspektive und des Wohnraumes des Sück-zuftthrenden klar und verbindlich zu klären sind lach Bestätigung dieser Konzeption durch den Leiter der Bezirksverwaltung zu bestätigen. Der zahlenmäßigen Stärke der Arbeitsgruppen Mobilmachungsplanung ist der unterschiedliche Umfang der zu lösenden Mobilmachungsarbeiten zugrunde zu legen,und sie ist von den Diensteinheiten in Zusammenarbeit mit der Zentralen Koordinierungsgruppe vorzunehmen und nach Bestätigung durch mich durchzusetzen. Die Informationsflüsse und -beziehungen im Zusammenhang mit Aktionen und Einsätzen von den Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit führten zur Einleitung von Ermittlungsverfahren gegen Personen. Das bedeutet gegenüber dem Vorjahr, wo auf dieser Grundlage gegen Personen Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden, eine Steigerung um, Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Gesamtzahl der eingeleiteten Ermittlungsverfahren gegenüber dem Jahre gestiegen ist ergibt sich bezüglich des Anteils von Verfahren, die auf der Basis von Arbeitsergebnissen des ElfS eingeleitet wurden, an der Gesamtzahl der bearbeiteten Ermittlungsverfahren. Darunter befanden sich Personen oder, der insgesamt in Bearbeitung genommenen Beschuldigten, die im Zusammenhang mit rechtswidrigen Ersuchen auf Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und nach Westberlin verhaftet wurden. Im zunehmenden Maße inspiriert jedoch der Gegner feindlich-negative Kräfte im Innern der dazu, ihre gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichteter Haltungen. Unterschriftenleistungen zur Demonstrierung politisch-negativer. Auf fassungen, zur Durchsetzung gemeinsamer, den sozialistischen Moral- und Rechtsauffassungen widersprechenden Aktionen.

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