Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 1649

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1649 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1649); Und das hat dann auch etwas zu tun - glaube ich - mit der individuellen Verantwortung eines Parlamentariers vor seinen Wählerinnen und Wählern, daß ich z. B. nicht sagen kann: Ich stimme einem Vertrag zu, der Gesetze festschreibt, die ich noch nie gesehen habe, oder der Durchführungsverordnungen festschreibt zur künftigen Geltung, die noch nicht einmal ausgearbeitet sind. Zumindest sind sie den Parlamentariern nicht bekannt. Ich finde, das ist ein Rechtsvorgang, der überhaupt nicht geht. Soviel Vertrauensvorschuß hat sich meines Erachtens die Regierung nicht verdient, daß man hier vorab schon ihre Rechtsvorschriften absegnen kann, ohne sie je gesehen zu haben. (Beifall bei der PDS) Das genau aber ist Bestandteil dieses Vertrages. Auch wir würdigen positiv z. B. die Festschreibung der Ergebnisse der Bodenreform in diesem Vertrag, und noch positiver, daß es nicht nur durch den Vertrag, sondern im Grundgesetz selbst geschehen soll. Und ich bin weit davon entfernt, positive Regelungen des Vertrages nicht zu sehen oder auch nicht anzuerkennen. Aber es fehlen auch gerade auf diesem Gebiet zahlreiche Regelungen. Es ist eben gerade gewürdigt worden, daß die Eigentumsfragen so vernünftig geregelt worden sind seitens der SPD. Ich möchte aber einfach darauf hinweisen, daß diese Erklärungen der beiden Regierungen, die Bestandteil des gesamten Vertragspaketes sind, natürlich zum Teil auch sehr ungenaue Formulie-ungen enthalten. Zum Beispiel der Schutz für den gutgläubigen Erwerb bedeutet natürlich eine Beweislast - nachdem das Geschäft an sich sozusagen als unredlich festgestellt worden ist -desjenigen, der meint, gutgläubig erworben zu haben. Und das kann in der DDR äußerst kompliziert werden, und das kann eine Lawine von Tausenden von Prozessen auslösen, und eigentlich hätte die Aufgabe darin bestanden, eine Regelung zu finden, die genau solche Prozesse verhindert, und hier bestimmte Dinge endgültig festschreibt, damit sowohl Entschädigungsansprüche als auch andere Ansprüche klar sind, aber auch klar ist: Wir werden hier nicht einhunderttausend Prozesse zu diesen Fragen bekommen. - Aber genau die werden wir bekommen in den verschiedensten Varianten, und damit ist auf diesem Gebiet leider sehr viel Rechtsunsicherheit verursacht worden. Hinsichtlich der wirtschaftlichen Regelungen gibt es natürlich einige - wie ich meine - bedauerliche Fehlleistungen, z. B. die Einzelfallprüfung beim Schuldenerlaß für Betriebe. Da nichts weiter dazu geregelt ist, ist hier sehr wohl auch Willkür möglich, und hier hätte es eben einer viel generelleren Regelung bedurft, wie sie schon lange von Abgeordneten der verschiedensten Fraktionen dieses Hauses angestrebt worden ist und wie wir sie auch hätten selbständig beschließen können; denn mit dem Erlaß wäre sie erlassen gewesen. Dann hätten wir uns gar nicht mehr in Einigungsvertrag damit herumzuschlagen brauchen. Aber jetzt geschieht es hier, und es geschieht auf eine Art und Weise, die keinerlei Sicherheit bietet, so daß zu vermuten ist, daß der Schuldenerlaß immer dann gewährt wird, wenn das Interesse aus der Bundesrepublik besonders groß ist, und in anderen Fällen nicht. Und das wäre dann schon ein eher trauriges Ergebnis. Es fehlt auch, wie nicht anders zu erwarten, eine Regelung zum Lastenausgleich für die Länder der dann ehemaligen DDR. Der Finanzausgleich ist so unzureichend geregelt, daß hier der deutlich ärmere Teil Deutschlands festgeschrieben wird. Es fehlt auch eine Regelung für den Mittelstand, mehrfach angemahnt, noch nachträglich die Geschäftskonten für Handwerker und Gewerbetreibende 1:1 zu tauschen, weil sie gezwungen sind, ihre Mitarbeiter zu entlassen wegen gestiegener Unkosten bei halbierten finanziellen Mitteln. Auch das ist nicht geschehen, und deshalb werden die Schließungen solcher Betriebe anhalten und vor allem die Entlassung von Mitarbeitern. Gerade bei einer Partei, die sich die Förderung des Mittelstandes - ein wichtiger Bereich für die dann ehemalige DDR - auf die Fahne geschrieben hat, ist es unverständlich, daß hier keine Regelung getroffen worden ist. Von besonderer Bedeutung sind natürlich auch Fragen der Sozialregelung. Andere Vertreter meiner Fraktion werden auch darauf noch spezifisch eingehen. Aber gestatten Sie mir, soviel doch festzustellen: Zum Teil werden aus bisherigen Invalidenrentnern mit einem Rentenanspruch Sozialhilfeempfänger mit dem Charakter der Demütigung permanent neu zu stellender Anträge, der Abgabe von Versicherungen usw., was hätte eindeutig vermieden werden können. Hier hätte man die günstigere Regelung aus der DDR übernehmen können, Rentenansprüche zu schaffen. (Beifall bei PDS und vereinzelt SPD) Bei sämtlichen Sozialregelungen fällt mir eines auf, und das halte ich für besonders bedenklich: Zum Teil gab es ja auch bessere Sozialregelungen in der BRD. Sie wurden überwiegend nicht für die DDR übernommen. Zu einem beachtlichen Teil gab es bessere Sozialregelungen in der DDR. Sie wurden entweder gestrichen oder gelten befristet, aber dann als Privileg für Bürgerinnen und Bürger der DDR, weiter, nicht für Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik, ob es das Krankengeld und die Freistellung bei der Erkrankung von Kindern ist, ob es der Haushaltstag ist oder welche Regelung auch immer. Und nun frage ich mich eigentlich eins, und ich habe mich schon die ganze Zeit gefragt: Waren das nur ökonomische Gründe? Warum konnte nicht eine einzige von diesen Regelungen -Sie werden sie alle in der Anlage finden - als gesamtdeutsche Regelung übernommen werden? Ich habe inzwischen den Eindruck: Das sind auch einfach ideologische Scheuklappen gewesen. Man wollte nicht zugeben, daß es auch nur eine einzige Regelung in der DDR gibt, bei der es sich gelohnt hätte, sie gesamtdeutsch zu übernehmen. (Beifall bei SPD, PDS und Bündnis 90/Grüne) Und das ist eine Beschränkung, finde ich, im Herangehen, die wirklich den Interessen der Menschen widerspricht. Es wäre doch eigentlich eins der positivsten Ergebnisse gewesen, wenn man z. B. den Bürgerinnen und Bürgern der Bundesrepublik hätte sagen können: Durch diesen Einigungsvertrag gibt es auch einige soziale Verbesserungen für euch, anstatt eine gegenteilige Wirkung und eine gegenteilige Anschauung zu erzielen mit der Maßgabe, daß es viele gibt, die diesem Prozeß inzwischen aus solchen Gründen eher kritisch gegenüberstehen. Aber das ist, wie ich meine, insbesondere wegen ideologischer Scheuklappen hier verhindert worden. Das ist tragisch. Tragisch ist auch, daß Kultur und Wissenschaft so geregelt worden sind, daß für die Finanzierung die Länder zuständig werden, denen man aber auf der anderen Seite kaum Geld gibt, so daß sie es nicht finanzieren können. Damit ist schon jetzt, vorher also, deutlich programmiert, daß sich diese Einrichtungen nicht halten lassen werden, daß hier vieles auch an kultureller Identität verloren geht und anderes mehr. Ich möchte auch daran erinnern, daß die Regelungen so sind, daß nicht etwa ein Ausbau der Kindereinrichtungen in Gesamtdeutschland zu erwarten ist, sondern eine Einschränkung der vorhandenen Kindereinrichtungen in der DDR zu befürchten ist. Das alles gilt für viele andere Regelungen auch. Zum Teil geht man sogar so weit, rückwirkend Grundgesetz und Bundesrecht für die DDR anzuwenden - ein einmaliger Vorgang. Das ist eigentlich nicht möglich. So etwas verbietet das Recht, zum Beispiel in Fragen des Eigentums und in anderen Fragen. Es gibt noch ein paar Spezialbestimmungen zur Benachteiligung der PDS, aber das ist nicht so wichtig, als daß ich mich hier damit auseinandersetzen müßte, weil es hier um Grundsatzfragen geht. Ich bedaure, daß es nicht gelungen ist, einen Einigungsvertrag abzuschließen. Ich bedaure, daß es nur zu einem Anschlußvertrag gekommen ist, der in bestimmten Fristen regelt, wann welche Sozialleistungen in der DDR abgebaut werden, der bei anstehenden Erhöhungen der Mieten und der Energiekosten 1649;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1649 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1649) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1649 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1649)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die Organisierung und Durchführung einer planmäßigen, zielgerichteten und perspektivisch orientierten Suche und Auswahl qualifizierter Kandidaten Studienmaterial Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Grundfragen der weiteren Erhöhung der Effektivität der und Arbeit bei der Aufklärung und Bearbeitung von Vorkommnissen im sozialistischen Ausland, an denen jugendliche Bürger der beteiligt ind Anforderungen an die Gestaltung einer wirk- samen Öffentlichkeitsarbeit der Linio Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung von Entweichungen geschaffen. Das Wesen der politisch-operativen Hauptaufgabe der Linie. Die politisch-operative Hauptaufgabe der Linie besteht darin, unter konsequenter Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit einen den Erfordernissen des jeweiligen Strafverfahrens gerecht werdenden politisch-operativen Untersubungshaftvollzug durohzusetzen, insbesondere durch die sichere Verwahrung feindlich-negativer Kräfte und anderer einer Straftat dringend verdächtiger Personen einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der Aufgaben des Strafverfahrens zu leisten und auf der Grundlage der dienstlichen Bestimmungen und unter Berücksichtigung der politisch-operativen Lagebedingungen ständig eine hohe Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten und Dienst- Objekten zu gewährleisten Unter Berücksichtigung des Themas der Diplomarbeit werden aus dieser Hauptaufgabe besonders die Gesichtspunkte der sicheren Verwahrung der verhafteten Personen, der Geheimhaltung und auf die operativ-taktischen Fragen der Sicherung der Rechte der Verhafteten während des Aufenthaltes in der medizinischen Einrichtung. Der Leiter der Abteilung im Staatssicherheit Berlin und die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwatungen haben in ihrem Zuständigkeitsbereich unter Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit und konsequenter Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung Obwohl dieser Sicherbeitsgrurds-atz eine generelle und grund-sätzliche Anforderung, an die tschekistische Arbeit überhaupt darste, muß davon ausgegangen werden, daß bei der Vielfalt der zu lösenden politisch-operativen Aufgaben und durch das gesamte System der Aus- und Weiterbildung in und außerhalb Staatssicherheit sowie durch spezifische Formen der politisch-operativen Sohulung. Die ist ein wesentlicher Bestandteil der bedingungslosen und exakten Realisierung der Schwerpunktaufgaben. Die Arbeit nach dem Schwerpunktprinzip hat seinen Nutzen in der Praxis bereits voll bestätigt.

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