Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 1571

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1571 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1571); die teilweise zur Initiativlosigkeit genötigt wurden, kamen dieser Entwicklung bedauerlicherweise entgegen. Der erschütterndste Grund, warum in der DDR wieder der einfache Mann auf der Straße, viele Arbeiter, Angestellte und Vertreter der Intelligenz betroffen sind, ist der, daß die alten Mitglieder der SED in ihrer netzförmigen Hierarchie heute noch weitgehend an den Hebeln der Machtausübung in den Einrichtungen und Betrieben sitzen. (Beifall bei der DSU) (Zuruf von der PDS: Schmeißen Sie sie doch raus!) Das wäre Ihre Aufgabe gewesen. - In hohem Maße haben sie die Order erfüllt, alle Genossen aus dem Unterdrückungsapparat in den Betrieben unterzubringen. Kennen Sie jemanden von der SED, der schon arbeitslos ist? Ich nicht. (Protestrufe von der PDS) Aber alle anderen ja. (Unruhe im Saal) In hohem Maße haben sie die Order erfüllt, alle Genossen aus dem Unterdrückungsapparat in den Betrieben unterzubringen, ihnen den Start in die neue Zukunft zu ebnen auf Kosten der ' Tenschen, die diesen Weg nach 40jährigem Leiden erkämpft ha- n. Dies sollten auch unsere Landsleute in der Bundesrepublik nicht vergessen. Das ist eine vordringliche Aufgabe, hier grundsätzliche Veränderungen anzustreben. (Zuruf von der PDS: Ihre Redezeit!) Die ist noch nicht um. - Die Forderung der DSU nach gravierenden Maßnahmen blieb unbeachtet, besonders die Forderung nach sofortiger Wiedervereinigung. Dies wäre der sicherste Weg gewesen, mit diesen Erscheinungen früher und wirkungsvoller fertig zu werden. - Danke. (Beifall bei der DSU) (Zuruf von der PDS: Na endlich!) Präsidentin Dr. Bergmann-Pohl: Ich bitte den Abgeordneten Herrn Täschner von der Fraktion Bündnis 90/Grüne, als nächster Redner das Wort zu nehmen. äschner für die Fraktion Bündnis 90/Grüne: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In dieser heutigen Aktuellen Stunde wird ein soziales Grundproblem unserer derzeitigen wirtschaftlichen Umstrukturierung erneut thematisiert. Die Eckdaten, die hier bereits schon genannt wurden, möchte ich nicht noch einmal wiederholen, sondern möchte mich konkret auf diesen Sachverhalt, auf den eigentlichen Inhalt, beziehen. Ein wesentlicher Schwerpunkt, mit dem man momentan zu kämpfen hat, ist der Fakt der Kurzarbeit. Wir haben ungefähr 1,4 Millionen Kurzarbeiter in unserem Land, die zu einem großen Teil - man spricht ungefähr zu drei Vierteln - mit einem Beschäftigungsanteil bei null liegen. Diese Kurzarbeit sollte laut Arbeitsförderungsgesetz genutzt werden, um gleichzeitig hier Umschulungsmaßnahmen in den Betrieben durchzusetzen. Umfragen in den Betrieben ergeben, daß Kurzarbeit kaum mit Umschulungsmaßnahmen verbunden wird, wodurch die Kurzarbeiter hierbei eindeutig als die neuen verdeckten Arbeitslosen zu charakterisieren sind. Aber Arbeitslosigkeit ist nicht nur ein quantitatives Problem, sondern auch immer ein sozial-psychologisches. Wenn auch der Arbeitsmarkt und damit sicher auch Arbeitslosigkeit für die Gesellschaft eine ganz normale Erscheinung sind, trifft dies für den einzelnen Menschen nicht zu. Von Soziologen in aller Welt, so z. B. in der Brenner-Studie aus den USA, wird schon seit Jahren belegt, daß eine Kausalität zwischen dem Anstieg der Arbeitslosenquote und dem Anstieg von Alkoholismus, Suizid, Eigentumsdelikten, Ersteinlieferungen in psychiatrische Kliniken usw. besteht. Die Ergebnisse beweisen, daß die soziale Unsicherheit und die fehlende Leistungsbestätigung die Motiv- und Einstellungsstrukturen negativ beeinflussen, was bei Langzeitarbeitslosen besonders deutlich wird. Diese nur kurze Aufzählung der Konsequenzen verdeutlicht die soziale Relevanz dieses Problems. Wer hat überhaupt schon einmal die sozialen Folgekosten z. B. im Gesundheitswesen, in den Fürsorgestellen, im Strafvollzug usw. in seine Überlegungen einbezogen? Was sind nun eigentlich die prinzipiellen Probleme in der DDR, die zu dieser Entwicklung führten bzw. diese Zukünftig noch vorantreiben werden? Erstens gibt es in der Arbeitslosenstruktur sowohl eine Streubreite über alle Berufe und Qualifikationsebenen als auch eine regionale Ballung. In diesen Problemregionen treten konzentriert Arbeitslose mit einer kaum differierenden Qualifikationsstruktur auf, z. B. der Bereich Halle/Leipzig/Bitterfeld, in dem vorrangig Chemiefacharbeiter arbeitslos werden, oder Berlin zukünftig mit einem großen Arbeitslosenpotential im Bereich der Angestellten, die man auch als Verwaltungsbeamte bezeichnen könnte oder Mansfeld-Kombinat im Bergbau. Das als einige Beispiele. Zweitens ist ein überproportionales Anwachsen in bestimmten demographischen Bevölkerungsgruppen zu verzeichnen. Hier sind vor allem die Frauen zu nennen, die überproportional sowohl bei den Arbeitslosen als auch bei den Kurzarbeitern vertreten sind, ebenso Jugendliche, ältere Werktätige, Behinderte und auch die ausländischen Werktätigen. Drittens gibt es Probleme mit den Umschulungen, da momentan wirtschaftliche Entwicklungskonzepte und damit auch Umschulungsorientierungen fehlen. Soziologische Untersuchungen beweisen auch, daß es bei weniger Qualifizierten eine bestimmte Hemmschwelle in der Bereitschaft zu Umschulungsmaßnahmen gibt, die sowohl psychologische als auch finanzielle Gründe hat. Viertens ist das Ende der Betriebskonkurse und Stillegungen in der DDR noch nicht erreicht. Auch die Zahl der neugeschaffenen Arbeitsplätze im Handwerk bzw. im Dienstleistungsbereich oder auch der mittelständischen Industrie hält sich sehr in Grenzen. Das Defizit der eliminierten Arbeitsplätze könnte nicht annähernd ausgeglichen werden, was sich auch im Auseinanderlaufen der Arbeitslosenzahl und der Zahl der freien Stellen äußert. Es sind gerade noch rund 20 000 freie Stellen vorhanden. Im Gegensatz dazu sinkt die Arbeitslosenrate der Bundesrepublik, was eigentlich verdeutlicht, daß die Konjunktur nicht in der DDR, sondern in der Bundesrepublik stattfindet. Fünftens sind die Arbeitsämter in diesem gesellschaftlichen Massenkonkurs mit ihren Angeboten an Umschulungen bzw. ABM ganz einfach überfordert. Werden dann Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nicht mit Umschulungen gekoppelt, so ergibt sich für den Arbeitslosen hier eine ganz einfache Warteschleife. Die Mittel der Arbeitslosenversicherung und der Anschubfinanzierung reichen für eine progressive Arbeitsmarktpolitik nicht aus. Wenn nun nach dem 3. Oktober die Verantwortung in die Bundesanstalt für Arbeit übergeht, so wird diese vor sehr große Aufgaben gestellt; denn wie mir bekannt ist, hat sie selbst seit Jahren einen defizitären Haushalt. Erste Anzeichen weisen darauf hin, daß die Bundesregierung als ein Konzept zur Verbesserung der Situation das Beschäftigüngsförderungsgesetz ein-setzen will. Wie eine Studie des Wissenschaftlichen Zentrums Berlin belegt, die im Auftrag der Bundesregierung angefertigt wurde, hat dieses Gesetz kaum mehr Arbeitsplätze geschaffen, als unter normalen Bedingungen entstanden wären. Im Gegensatz dazu werden Arbeitnehmerrechte abgebaut, z. B. durch die verbesserten Bedingungen, befristete Arbeitsverträge abzu- 1571;
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Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

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