Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 1495

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1495 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1495); Frau Budlewsky (CDU/DA): Ich wurde vorhin nicht gesehen. (Stellvertreter der Präsidentin Dr. Gottschall: Entschuldigen Sie.) Ich möchte eine Erklärung abgeben. (Stellvertreter der Präsidentin Dr. Gottschall: Das ist möglich, bitte.) Ich wollte nur noch einmal sagen, daß es eigentlich unnötig war, diese ganze Sache vorhin, weil ja für die Frauen in der DDR sich nichts ändert. Für die Frauen in der Bundesrepublik ändert sich zwar auch nichts, aber für den Status hier in unseren Krankenhäusern ändert sich etwas. Wer hat schon einmal an unsere überfüllten Krankenhäuser gedacht? Die werden dadurch bestimmt nicht leerer werden! (Unmutsäußerungen von Abgeordneten mehrerer Fraktionen) Wer hat schon einmal an die Gynäkologen gedacht, die jetzt noch mehr behelligt werden? Denn daran muß man denken. (Erneute Unmutsäußerungen) in die Gynäkologen werden nun noch weniger zu ihrer eigentlichen Arbeit kommen, nämlich Frauen zu helfen, Kindern das Leben zu schenken. (Beifall, vorwiegend bei CDU/DA) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Gottschall: Meine Damen und Herren! Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, möchte ich Ihnen mitteilen, daß sich das Präsidium darüber verständigt hat, daß die Tagesordnungspunkte 11 und 12 zusammengefaßt zu behandeln sind. - Ich stelle Zustimmung fest und rufe somit die Tagesordnungspunkte 11 und 12 auf. Tagesordnungspunkt 11: Antrag der Fraktion der PDS Gesetz zu Fragen der Rechtsstellung gleichgeschlechtlich orientierter Bürger 1. Lesung - Drucksache Nr. 170 - Ich bitte den Vertreter der Fraktion der PDS, Frau Abgeordne-Uttner, das Wort zur Begründung zu nehmen. Frau Dr. Bittner (PDS): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir bringen heute einen Gesetzentwurf ein, der sich mit dem Schutz einer Minderheit befaßt. Nun werden einige von Ihnen sagen, was sollen wir in den letzten Tagen der DDR uns noch mit dem Schutz einer Minderheit befassen? Da gebe ich Ihnen zu bedenken, daß dieses Parlament für den Schutz der Minderheiten in diesem Land ja noch nicht allzu viel getan hat. Zum Beispiel darf mein Nachbar, der Franzose ist und seit 8 Jahren in der DDR lebt, nicht gesamtdeutsch wählen. Ausländer sind eine Minderheit. Die UNO-Flüchtlingskonvention wurde weder von der Regierung unterzeichnet noch im Parlament erörtert. Flüchtlinge sind eine Minderheit. Die UNO-Kon-vention über die Rechte des Kindes spielte in dieser Kammer noch keine Rolle. Kinder sind eine Minderheit in diesem Land. (Lautstarke Proteste, vorwiegend bei CDU/DA) Und spätestens da merkt jeder, daß es auf Grund der Unterschiede, die es in den individuellen, kollektiven und gesellschaftlichen Umständen der Menschen gibt, ganz unerläßlich ist, für eine humanistische Gesellschaft Bedingungen zu schaffen, unter denen die Unterschiede sich nicht nachteilig für das Individuum auswirken können. (Zuruf eines Abgeordneten von CDU/DA: Ich bitte, den Sachverhalt nicht zu mißbrauchen in diesem Fall.) Menschen sind Menschen, egal, ob sie Kind sind oder erwachsen, egal ob sie Aus- oder Inländer sind, (Proteste, vorwiegend bei CDU/DA) ob sie Behinderungen haben oder nicht, ob sie einen Partner des gleichen Geschlechts lieben oder nicht. Allen Menschen soll man den gleichen Respekt erweisen. Vor dem Gesetz sind alle Bürger gleich. (Vereinzelt Beifall bei SPD) Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf zu Fragen der Rechtsstellung gleichggeschlechtlich liebender Bürger soll diesen juristischen Grundsatz der Gleichheit der Bürger vor dem Gesetz wirkungsvoller als bisher durchsetzen helfen. Dieses Gesetz soll eine rechtliche Grundlage dafür sein, daß Menschen nicht wegen ihrer sexuellen Orientierung von vornherein aus vielen Belangen der Gemeinschaft ausgegrenzt werden. Die Haltung weiter Teile der Bevölkerung ist in bezug auf diese Personengruppe noch immer gekennzeichnet von Distanz bis hin zu Abwertung und Verurteilung. Überkommene Vorstellungen, Unwissenheit, Intoleranz wirken sich aus und werden von gleichgeschlechtlich Liebenden zu Recht als diskriminierend und in ihrer Persönlichkeitsentwicklung als behindernd empfunden. Wir lassen uns von der Überzeugung leiten, daß es ein aus dem Humanismus der Gesellschaft entspringendes politischmoralisches Gebot ist, für die Akzeptanz und die gleichen Möglichkeiten individueller und gesellschaftlicher Betätigung zu wirken. Davon abgesehen, wohnt auch unserer Verfassungsordnung das Gleichheitsgebot und damit auch das Moment der Gleichberechtigung der gleichgeschlechtlich liebenden Bürger inne. In den vergangenen Jahren wurde von der Sexualwissenschaft erkannt, daß Homosexualität weder krankhaft noch erlernbar, sondern angeboren und vom Willen des Einzelnen unabhängig existiert. Etwa 5 % der Menschen sind davon betroffen. Studien aus den USA sprechen sogar von 16% der männlichen Bürger. Eingedenk dieser Erkenntnisse ist im Jahre 1968 in der DDR der § 175 aus dem Strafgesetzbuch gestrichen worden, und im Jahre 1988 setzte die Volkskammer den § 151 des Strafgesetzbuches außer Kraft, der homosexuelle Kontakte zwischen Erwachsenen und Jugendlichen über 16 Jahren kriminalisierte. Damit erfolgte aber nur die strafrechtliche Gleichstellung der Homo-mit den Heterosexuellen. Eine weitergehende Liberalisierung der Gesetzgebung konnte sich nicht durchsetzen. Die alte SED-Führung war auch zutiefst prüde, muß man sagen. Sie änderte das Strafgesetzbuch, aber sie betrachtete die Homosexualität in der Praxis weiter als ein Tabuthema, ja, diese Menschen wurden weiterhin diskriminiert. Deshalb geht der § 1 unseres Gesetzentwurfes von einem generellen Benachteiligungsverbot gleichgeschlechtlich liebender Bürger aus. Um diese Bestimmung zu realisieren, scheint es uns dringend angeraten, mehr als nur den Gerichtsweg bei Verletzung dieses Rechts zu eröffnen. Die von uns angestrebte Anerkennung der Homosexualität als normale Variante menschlichen Verhaltens wirkt sich auch auf das Gebiet des Verwaltungsrechts im weitesten Sinne aus, beispielsweise bei der Möglichkeit der Nutzung gemeinsamen Wohnraums. Noch deutlicher tritt das Regelungserfordernis im Arbeitsrecht hervor, wenn es darum geht, daß 1495;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1495 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1495) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1495 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1495)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die Organisierung und Durchführung einer planmäßigen, zielgerichteten und perspektivisch orientierten Suche und Auswahl qualifizierter Kandidaten Studienmaterial Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Grundfragen der weiteren Erhöhung der Effektivität der und Arbeit bei der Aufklärung und Bearbeitung von Vorkommnissen im sozialistischen Ausland, an denen jugendliche Bürger der beteiligt ind Anforderungen an die Gestaltung einer wirk- samen Öffentlichkeitsarbeit der Linio Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung von Entweichungen geschaffen. Das Wesen der politisch-operativen Hauptaufgabe der Linie. Die politisch-operative Hauptaufgabe der Linie besteht darin, unter konsequenter Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit einen den Erfordernissen des jeweiligen Strafverfahrens entsprechenden politisch-operativen Untersuchungshaft Vollzug durchzuführen, insbesondere durch die sichere Verwahrung feindlich-negativer Kräfte und anderer einer Straftat dringend verdächtiger Personen einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der Aufgaben des Strafverfahrens zu leisten und auf der Grundlage der dienstlichen Bestimmungen und unter Berücksichtigung der politisch-operativen Lagebedingungen ständig eine hohe Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten und Dienst- Objekten zu gewährleisten Unter Berücksichtigung des Themas der Diplomarbeit werden aus dieser Hauptaufgabe besonders die Gesichtspunkte der sicheren Verwahrung der Inhaftlerten Ausgehend vom Charakter und Zweck des Untersuchungshaft-Vollzuges besteht wie bereits teilweise schon dargelegt, die Hauptaufgabe der Linie darin, unter konsequenter Einhaltung der sozialistischen setzliehkeit einen den Erfordernissen des jeweiligen Strafverfahrens entsprechenden Untersuchungshaftvollzug durchzuführen. Er hat insbesondere - die sichere Verwahrung, die Unterbringung, die Versorgung und medizinische Betreuung der Verhafteten, die Sicherheit und Ordnung während des Vollzugsprozesses sowie gegen Objekte und Einrichtungen der Abteilung gerichteten feindlichen Handlungen der Beschuldigten oder Angeklagten und feindlich-negative Aktivitäten anderer Personen vorbeugend zu verhindern, rechtzeitig zu erkennen und zu verhüten zu verhindern, Ein erfolgreiches Verhüten liegt dann vor, wenn es gelingt, das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen das Umschlagen feindlich-negativer Einstellungen in feindlich-negative Handlungen zu unterbinden.

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