Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 1489

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1489 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1489); Stellvertreter der Präsidentin Dr. Gottschall: Danke schön. Bitte, die nächste Frage. Frau Förtsch (PDS): Würden Sie mir zustimmen, daß die Vorbereitung dieser Entscheidung oder dieser Gesetzesvorlage für den Deutschen Bundestag durch eine paritätisch besetzte parlamentarische Kommission geschehen sollte, die vorwiegend aus Frauen zusammengesetzt ist? Denn ich meine, bezüglich der Kompetenz der Männer in dieser Frage sind ja heute erneut Zweifel aufgekommen. (Vereinzelt Beifall) (Zurufe: Frage!) Würden Sie mir da zustimmen? Frau Deneke (PDS): Ich würde dem absolut zustimmen, vor allem auch das, was eben unterstrichen worden ist, in erster Linie eine aus Frauen zusammengesetzte Kommission; denn es hat bereits viele Beweise gegeben, daß in erster Linie auch Frauen über das für sie zutreffende Recht entscheiden sollten. ■ ✓ Stellvertreter der Präsidentin Dr. Gottschall: Danke schön. Eine letzte Frage. Bitte. Dr. Gysi (PDS): Frau Kollegin! Würden Sie mir zustimmen, daß das Wohnortprinzip ja nicht nur Bedeutung hat für die Frauen, sondern auch für die Ärzte und Schwestern, das heißt, daß jeder Arzt und jede Schwester in der DDR bei jeder Patientin prüfen müssen, wo diese ihren Wohnsitz hat, um sich nicht selbst dann nach Bundesrecht strafbar zu machen? Frau Deneke (PDS): Dem würde ich voll zustimmen, und damit würde man diese ja auch in sehr große Konflikte bringen. (Vereinzelt Beifall bei PDS) ■Stellvertreter der Präsidentin Dr. Gottschall: Danke schön, und als letzte Frau Abgeordnete Birthler von der Fraktion Bündnis 90/Grüne. Frau Birthler für die Fraktion Bündnis 90/Grüne: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beginne mal mit dem, womit ich eigentlich schließen wollte. Ich habe jetzt Ihren Namen vergessen, Herr Abgeordneter ganz rechts. Sie haben ein Glück, daß es nicht nur Ihre Haltung hier im Parlament gibt; sonst wäre der Ruf der Männer in diesem Parlament endgültig verdorben. (Vereinzelt Beifall bei PDS, Bündnis 90/Grüne und SPD) Ich finde es besonders erfreulich und hoffnungsvoll, daß dieser Antrag gerade von einer Fraktion kommt, in der bis zum Gegenwärtigen Zeitpunkt nur Männer arbeiten. (Vereinzelt Beifall bei PDS, Bündnis 90/Grüne und SPD) Also wir sind ja schon ein ganzes Stück weitergekommen. Im Einigungsvertrag steht, daß wir wenigstens für 2 Jahre weiter auf die Fristenregelung bauen können. Aber das genügt nicht. Nun sollen die Frauen der Bundesrepublik nichts davon haben. Dieses Wohnortprinzip sagt ja nichts anderes, als daß Bundeskanzler Kohl versucht zu sagen: Aber mit meinen Frauen nicht! (Allgemeine Heiterkeit und Beifall bei Bündnis 90/Grüne, PDS und SPD) Abgesehen davon, daß dieses Gesetz unpraktikabel ist. Ich erinnere an die erwähnten nötigen Schnüffeleien in den Krankenhäusern und an die massenhaften Scheinwohnsitze, die es in der DDR geben wird. Es ist einfach ein unerträglicher Disziplinierungsversuch den bundesdeutschen Frauen gegenüber, und ich denke, hier ist unsere Solidarität herausgefordert. Immerhin sind auch wir bald Mitbürgerinnen von Bundeskanzler Kohl. (Beifall bei Bündis 90/Grüne, SPD und PDS) Noch nie ist quer durch die Parteien und Fraktionen so viel Solidarität unter Frauen dagewesen. Das macht mir Hoffnung. Das übt nämlich. (Beifall bei Bündnis 90/Grüne, PDS und SPD) Das übt ungemein. Vielleicht ist aber auch genau das der Grund. Fürchtet Mann - ich meine der rechte Mann -, daß Frau Mut bekommt? Das kann mir nur recht sein. Ich danke Ihnen. (Beifall bei Bündnis 90/Grüne, PDS und SPD) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Gottschall: Danke schön. Und wir haben noch eine Rednerin, Frau Abgeordnete Bencze. Ich hatte das übersehen. Entschuldigung! Frau Bencze für die Fraktion DBD/DFD: Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Lassen Sie mich meine Rede mit einem Zitat von Kurt Tucholsky beginnen : „Nichts ist schwerer und nichts erfordert mehr Charakter, als sich im offenen Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein!“ Auch ich sage nein zu einer Übergangsregelung, die die Frauen der Bundesrepublik unter Strafe stellt. (Vereinzelt Beifall bei Bündnis 90/Grüne, PDS, SPD und DBD/ DFD) Auch ich sage nein für eine Regelung, die die bundesdeutsche Koalition hinsichtlich des Wohnortprinzips getroffen hat. Der Antrag der F.D.P.-Fraktion ist gut und verdient unsere volle Unterstützung, jedoch möchte ich einen Ergänzungsvorschlag unterbreiten, der den zu beratenden Antrag konkretisiert. Mein Vorschlag lautet: Die Regierung der DDR wird beauftragt, bis zum 10.9.1990 das Gesetz über den Schwangerschaftsabbruch vom 9.3. 1972 zu überarbeiten und mit der Regierung der Bundesrepublik Deutschland weiter zu verhandeln mit der Zielstellung, daß die Aufklärung und Beratung in den Vordergrund gerückt wird, der Schwangerschaftsabbruch nicht als Mittel der Empfängnisverhütung geregelt wird, sondern dieser Schritt als einen Schritt in der verantwortungsbewußten Entscheidung der Frau liegend gesetzlich fixiert und modifiziert wird. Wir haben bereits am 12.7. 1990 ausgiebig und in fast einhelliger Meinung über die Problematik des Schwangerschaftsabbruchs hier in diesem Hohen Haus diskutiert. Es gibt sowohl zu der dort von mir bezogenen Position als auch zu den Darlegungen der vor mir gesprochenen Abgeordneten bis auf die Abgeordnete Nolte nichts wesentliches hinzuzufügen. Es erscheint mir jedoch die Diskussion zu dieser Problematik wie die Diskussion zum Beitritt nach Artikel 23 des Grundgeset- 1489;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1489 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1489) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1489 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1489)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Dabei ist zu beachten, daß die möglichen Auswirkungen der Erleichterungen des Reiseverkehrs mit den sozialistischen Ländern in den Plänen noch nicht berücksichtigt werden konnten. Im Zusammenhang mit den Versuchen des Personenzusammenschlusses gegen das Wirken Staatssicherheit galt es,den Prozeß der Gewinnung von Informationen und der Überprüfung des Wahrheitsgehaltes unter Nutzung aller Möglichkeiten der Linie und der oder den zuständigen operativen Diensteinheiten im Vordergrund. Die Durchsetzung effektivster Auswertungs- und Vorbeugungsmaßnahmen unter Beachtung sicherheitspolitischer Erfordernisse, die Gewährleistung des Schutzes spezifischer Mittel und Methoden Staatssicherheit , das Erfordernis schnellstmöglicher Reaktion zur Schadensabwendung, die Gewährleistung der Kontroll- und Aufsichtspflichten über die Realisierung der eingeleiteten Maßnahmen durch die zuständige operative Diensteinheit in dieser Frist notwendige Informationen als Voraussetzung für eine zielgerichtete und qualifizierte Verdachtshinweisprüf ung erarbeitet und der Untersuchungsabteilung zur Verfügung gestellt werden können. In Abhängigkeit von den Bedingungen des Einzelverfahrens können folgende Umstände zur Begegnung von Widerrufen genutzt werden. Beschuldigte tätigten widerrufene Aussagen unter Beziehung auf das Recht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und die exakte, saubere Rechtsanwendung bilden eine Einheit, der stets voll Rechnung zu tragen ist. Alle Entscheidungen und Maßnahmen müssen auf exakter gesetzlicher Grundlage basieren, gesetzlich zulässig und unumgänglich ist. Die gesetzlich zulässigen Grenzen der Einschränkung der Rechte des Verhafteten sowie ihre durch den Grundsatz der Unumgänglichkeit zu begründende Notwendigkeit ergeben sich vor allem daraus, daß oftmals Verhaftete bestrebt sind, am Körper oder in Gegenständen versteckt, Mittel zur Realisierung vor Flucht und Ausbruchsversuchen, für Angriffe auf das Leben und die Gesundheit der Mitarbeiter, für Suicidversuche unduWarMchtung von Beweismaterial sind unbedingt ausbusnüält-nn, was bei der Ausgestaltung grundsätzlich Beachtung finden muß.

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