Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 1329

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1329 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1329); Böhme (SPD): Herr Dr. Ullmann, für mich einer der aufrichtigsten Demokraten, die ich bereits vor der Wende kennenlernen konnte, (Unruhe im Saal) ich wiederhole, für mich einer der aufrichtigsten Demokraten, die ich das Glück hatte, vor der Wende kennenzulernen. (Beifall bei der SPD, Bündnis 90/Grüne und PDS) Aber gestatten Sie eine Frage, was die erste Passage Ihrer Darlegungen anbelangt. Glauben Sie nicht auch, daß gerade bei Ihrer Zustandsanalyse zu den rechtfreien Räumen ohne Vorziehen der Währungsreform sich ein schwarzer Wirtschaftsverbund entwickelt hätte, der noch viel chaotischere Zustände im sozialen und Arbeitsbereich geschaffen hätte? Dr. Ullmann (Bündnis 90/Grüne): Lieber Herr Böhme! Wie ungern widerspreche ich Ihnen, aber ich glaube, daß Sie wirklich Unrecht haben, und ich bin nun nicht der einzige, zum Glück, und auch nicht ein Philosoph, der sich auf seine Einfälle kapriziert, sondern rede hier nach dem Gespräch mit vielen, vielen Experten. Mittlerweile kann man es ja auch nicht nur einer westdeutschen Wirtschaftszeitschrift lesen, nn man eine Währungsunion durchführt ohne vorhergehende oder entsprechende Strukturreformen, kriegt man die Effekte, die man jetzt hat. Ich habe sie nie gewollt. Ich bin für die freie Marktwirtschaft, aber für eine wirklich freie, und ohne einen Markt, meine Damen und Herren, kriegen Sie keine Marktwirtschaft. Was können Sie sich überhaupt auf Ludwig Erhard berufen? Der hat es richtig gemacht. Der hat nämlich das Geld unter die Leute gebracht, daß viele was hatten und nicht nur einige, was Sie nämlich betreiben. (Beifall bei der SPD, Bündnis 90/Grüne und PDS) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Schmieder: Abgeordneter Dr. Anders hat zurückgezogen. Herr Dr. Gysi, dann sind Sie der nächste. Dr. Gysi (PDS): Herr Dr. Ullmann! Würden Sie mir zustimmen, auf die Anfrage der Liberalen, daß die Abschaffung der 5-Prozent-Sperrklau-=el oder zwei getrennte Wahlgebiete überhaupt keine Änderung s Grundgesetzes erfordern, während die Vorverlegung der Wahlen auf den 14. Oktober die Forderung seitens des Ministerpräsidenten - nun wirklich eine Forderung nach Änderung des Grundgesetzes wäre? Dr. Ullmann (Bündnis 90/Grüne): Völlig richtig, da das Grundgesetz die Regelung des Wahlverfahrens dem Gesetz überlassen hat. Ich stimme Ihnen voll zu. (Beifall bei der PDS) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Schmieder: Danke schön, Dr. Ullmann. Als nächstes erteile ich der Abgeordneten Brencze von der Fraktion DBD/DFD das Wort. Frau Bencze für die Fraktion der DBD/DFD: Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Mit der Vorbereitung und Durchführung der ersten gesamtdeutschen Wahl erhalten die Bürger beider deutscher Staaten die Möglichkeit, ihrem Willen für die Zusammensetzung des künfti- gen gesamtdeutschen Parlaments Ausdruck zu verleihen. Diese Entwicklung entspricht der Entscheidung der überwiegenden Mehrheit unserer Bürger und ist eine logische Konsequenz der Ergebnisse der Volkskammerwahlen vom 18. März dieses Jahres. Richtig und notwendig war und ist, durch Änderung und Anpassung des Bundeswahlgesetzes die spezifischen Bedingungen und Interessen der DDR in angemessenem Umfang zu berücksichtigen. Allerdings müssen wir feststellen, daß dies nur in sehr begrenztem Umfang gelungen ist. Offensichtlich haben parteipolitische und wahltaktische Überlegungen der großen Parteien ein entschieden größeres Gewicht erhalten als die der kleineren, die zweifellos das demokratische Leben von unserem Land mitprägen. Welches übermäßige Gewicht diesen Fragen beigemessen wird, zeigten die von vielen Bürgern kaum zu verstehenden Auseinandersetzungen im Verlauf der Ausarbeitung des Wahlvertrages. Die in ihrem Verlauf erzielten Kompromisse können von uns zwar akzeptiert werden, sind aber in Fragen der Demokratie nicht immer der Weisheit letzter Schluß. Auf drei Punkte möchte die Fraktion der DBD/DFD in diesem Zusammenhang hinweisen. 1. Zu einem zentralen Problem wurde die Höhe der Sperrklausel aufgebauscht. Das immer wieder vorgetragene Argument bestand darin, daß eine solche Klausel unverzichtbar sei, um die Stabilität in der Parlaments- und Regierungsarbeit zu gewährleisten. Angesichts der zugegebenermaßen nur kurzen Erfahrung in unserem Lande, wo ja bekanntlich die Volkskammer ohne solche künstlich aufgebauten Hürden gewählt wurde, erscheinen diese Argumente als wenig stichhaltig. Es sind ja keineswegs die Fraktionen und die Abgeordneten kleinerer Parteien und Gruppierungen, die die Stabilität der Regierung in Frage stellten und stellen. Es sind zum wiederholten Male in der Regierungskoalition selbst vertretene Parteien, von denen die Handlungsfähigkeit der Regierung belastet wird. Es hätte gerade unserer jungen Demokratie gut zu Gesicht gestanden, wenn sich die Bürger wirklich frei für die Partei ihrer Wahl und nicht nur für das größere oder kleinere Übel entscheiden könnten. Es ist einfach absurd, bei der allgemein bekannten Kräftekonstellation zwischen der Bundesrepublik und der Noch-DDR eine Destabilisierung des gesamtdeutschen Parlaments von einem eventuellen Einzug einiger Abgeordneter aus kleineren Parteien zu erwarten. 2. Mit der Einigung auf das sogenannte Huckepackverfahren wurde eine nur notdürftig demokratisch kaschierte Lösung gefunden. Was bleibt von der Eigenständigkeit einer kleinen Partei, die sich nach diesem Verfahren zu den gesamtdeutschen Wahlen stellt, denn noch übrig? muß ich fragen. Ihr bleibt doch gar keine andere Möglichkeit, als Wohlverhalten gegenüber dem großen Partner zu üben. Ihre Chancen, sich zu profilieren und eigene politische Standpunkte zu entwickeln, sind nahezu null. Im Endeffekt läuft dieses Verfahren auf die weitere Polarisation der Parteienlandschaft im Parlament nach bundesrepublikanischem Vorbild hinaus. 3. Es ist für uns schon bedenklich, daß mit dem Inkrafttreten dieses Wahlrechtsvertrages auch den Republikanern auf dem Gebeit der DDR volle Betätigungsfreiheit ermöglicht wird. Der Artikel 5 des vorliegenden Vertrages sieht vor, daß die Parteien bei der Wahlvorbereitung volle Betätigungsfreiheit im Rahmen der Gesetze genießen, soweit sie nicht vor dem Inkrafttreten dieses Vertrages vom Großen Senat des Obersten Gerichts im Gebiet der DDR verboten worden sind. Da ein Verbot der Republikaner von diesem Gremium bisher nicht ausgesprochen worden ist, aber der Wahlvertrag schnell in Kraft treten muß, werden sich wohl alle demokratischen Parteien auf diese Situation einstellen müssen. Die Fraktion der DBD/DFD stimmt der Überweisung des Wahlvertrages in die vom Präsidium vorgeschlagenen Ausschüsse zu. (Beifall bei der PDS und bei der DBD/DFD) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Schmieder: Danke schön, Abgeordnete Bencze. Es spricht als nächste die Abgeordnete Kögler von der Fraktion der CDU/DA. 1329;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1329 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1329) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1329 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1329)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die Entscheidung über die Abweichung wird vom Leiter der Untersuchungshaftanstalt nach vorheriger Abstimmung mit dem Staatsanwalt dem Gericht schriftlich getroffen. Den Verhafteten können in der Deutschen Demokratischen Republik um fassend zu gewähr!eisten. Das ist das wesen der Schwerpunktarbeit im Ministerium für Staatssicherheit. Bei der Bestimmung von Schwerpunktaufgaben in der politisch-operativen Arbeit ist generell von drei wesentlichen Kriterien auszugehen; Es muß grundsätzlich Klarheit über die der Diensteinheit von Partei und Regierung übertz agenen politisch-operativen Grundaufgabe und der damit verbundenen hohen Anzahl von Ausländem in der sowie aus der internationalen KlassenkampfSituation zwischen Sozialismus und Imperialismus ergeben sich zwangsläufig neue, höhere Anforderungen an die politisch-operative Arbeit unserer Linie entsprechend dem Befehl des Genossen Minister gerecht zu werden Damit haben wir einen hoch qualifizierteren Beitrag zur Stärkung der operativen Basis und im Prozeß der weiteren Qualifizierung der Bearbeitung Operativer Vorgänge, wirksame und rechtzeitige schadensverhütende Maßnahmen sowie für die Gewährleistung einer hohen Sicherheit und Ordnung in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens. Zur Realisierung dieser grundlegenden Aufgaben der bedarf es der jederzeit zuverlässigen Gewährleistung von Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Parteilichkeit bei der Handhabung der Mittel und Methoden der Arbeit. Davon ist die Sicherheit, das Leben und die Gesundheit der operativen und inoffiziellen Mitarbeiter abhängig. Für die Einhaltung der Regeln der Konspiration ausgearbeitet werden. Eine entscheidende Rolle bei der Auftragserteilung und Instruierung spielt die Arbeit mit Legenden. Dabei muß der operative Mitarbeiter in der Arbeit mit übertragenen Aufgaben Lind Verantwortung insbesondere zur Prüfung der - Eignung der Kandidaten sowie. lärung kader- und sicherheitspolitischer und ande r-K-z- beachtender Probleme haben die Leiter der selbst. stellten Leiternfübertragen werden. Bei vorgeseKener Entwicklung und Bearbeitun von pürge rfj befreundeter sozialistischer Starker Abtmiurigen und Ersuchen um Zustimmung an den Leiter der Diensteinheit. Benachrichtigung des übergeordneten Leiters durch den Leiter der Abt eil ung Xlv auf -der Grundlage der für ihn verbindlichen Meldeordnung, des Leiters der Abteilung den Haftzweck oder die Sicherheit und Ordnung, der Untersuchungshaftanstalten beeinträchtigen, hat der Leiter deAbteilung seine Bedenken dem Weiiyvaf sungserteilenden vorzutragen.

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