Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 1315

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1315 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1315); deutschen Wahlen überlagert würden, trifft meines Erachtens nach nicht zu. Es werden, da machen wir uns doch nichts vor, erstens die Wahlen zentral angeleitet werden und es wird bei beiden Wahlen um die gleichen Probleme gehen, die die Menschen jetzt haben. Die sind im Oktober nicht anders zu beschreiben als im Dezember. Zweitens: Im Kern geht es um den schnellen wirtschaftlichen Aufbau und um die Überwindung von Unsicherheiten. Wir haben es erlebt, wie sich die Investoren verhalten. Der Beitritt allein löst dieses Problem nicht. Eine Reihenfolge Beitritt, Landtagswahlen, gesamtdeutsche Wahlen und Regierungsbildung möglicherweise im Januar schafft kein Klima für Investitionsbereitschaft. Viele Investoren wollen das Endergebnis wissen und sich dann entscheiden, und je länger das raus ist, desto billiger wird es für die Herren Investoren werden. Drittens: Wer, wie z. B. Herr Ehmke von der SPD, sogar den sofortigen Beitritt verlangt, stellt den Einigungsvertrag überhaupt in Frage und läßt damit die Interessen der Menschen hier außer acht, die in diesem Einigungsvertrag für die Zukunft gesichert werden. Ich will außerdem, daß wir die Länder bilden und nicht eine andere Regierung. Ein Beitritt vor den Wahlen und sogar vor der Länderbildung würde - die Vorstellung der SPD - bedeuten, die Volkskammer müßte aus ihrer Mitte nach einem Bon-ner Gesetz Abgeordnete in den Bundestag entsenden, die dafür nicht von der Bevölkerung gewählt sind. Ich meine, die Volkskammer sollte in würdiger und in besserer Form ihre Arbeit beenden, als daß ein Drittel nach Bonn geht und zwei Drittel nach Hause. (Beifall bei CDU/DA) In Bonn würde für die Übergangszeit ohnehin nur ein Notparlament tagen, und es würden keine wichtigen Entscheidungen getroffen werden können, bevor nicht ein insgesamt legitimierter Souverän gewählt ist. Das Grundgesetz müßte im übrigen an dieser Stelle auch geändert werden, und das ginge wohl dann bedenkenlos, damit die DDR dann als ein Bundesland wenigstens fünf Stimmen im Bundesrat bekäme; denn erst, wenn die fünf Länder gewählt sind, werden es wohl die 20 werden. Ich will, daß nach der Länderbildung die Stimmen von fünf Ländern im Bundesrat zur Wirkung kommen können. Außerdem möchte ich nicht ausschließen, daß die vorübergehende Abordnung nach Bonn dann für einige die Begründung liefert, als Regierungssitz habe sich Bonn schon gewissermaßen ausgewie- sen und sei beizubehalten. (Heiterkeit bei SPD und Bündnis 90/Grüne) Fünftens: Lassen Sie mich noch einen Grund hinzufügen. Stellen Sie sich vor, der Einigungsprozeß wäre vor einem Jahr oder vor zwei Jahren in Gang gekommen. Dann wäre es doch selbstverständlich gewesen, die Legislaturperiode des Bundestages vorzeitig zu beenden, um frühzeitig gesamtdeutsche Wahlen abzuhalten. Fristen können doch wohl nicht wichtiger gemacht werden oder sein als die im Grundgesetz geforderte Schaffung der Einheit Deutschlands. (Beifall bei CDU/DA) Ich meine, daß wir diese Frage schnell klären müssen, damit die Sacharbeit wirklich von den Bürgern erkannt werden kann, und es ist mehr geleistet worden, auch von dieser Regierung als heute hier angezeigt werden wollte. Ich fordere in dieser Stunde von allen Beteiligten die Verantwortung für das Ganze noch zu sehen und auch wahrzunehmen. Ich will nur drei wichtige Aspekte nennen. Mit großem Ernst, und das hat Kollege Reichenbach vorhin schon getan, fordere ich die Sozialpartner auf, bei den Tarifverhandlungen Maß zu halten und die Leistungskraft der Betriebe nicht zu überfordern. (Vereinzelt Beifall) Bezahlbare Arbeitsplätze sind wichtiger als unbezahlbare Lohnforderungen. (Beifall bei CDU/DA) Zweitens: Mit Nachdruck fordere ich von allen Verantwortlichen, auch die Entfaltung der sozialen Marktwirtschaft nicht bürokratisch zu hintertreiben. Auch das erleben wir noch in den Kommunen und Gemeinden. Den Bedarf bestimmt der Verbraucher und nicht die Verwaltung. Während viele gute Arbeit leisten, glauben manche alten Funktionäre, die die Wirtschaft ruiniert haben, sie könnten jetzt als Geschäftsführer, Arbeitsamtsleiter oder Personalchef neues Mißtrauen verbreiten oder gar die Entwicklung sabotieren. Ich bitte gleichzeitig - und das ist eine wichtige Frage, auch die sollten wir hier bei uns bedenken - um gegenseitige Rücksicht und Besonnenheit insbesondere im Umgang mit Fremden, seien es Gäste, Durchreisende, Ausländer oder auch die sowjetischen Soldaten, deren Funktion heute eine ganz andere ist, als sie 40 Jahre war, und deren Ziel es ist, unser Land in absehbarer Zeit zu verlassen. Wir müssen auf das achten, was wir als menschliche Werte in diesen Einigungsprozeß einbringen wollen, und können uns nicht an solchen Punkten verschleißen. (Beifall bei der Koalition) Wir erleben und gestalten ein wichtiges Kapitel unserer Geschichte. Wir alle stellen Weichen für die nächsten Generationen. Wir haben dabei die Verpflichtung, unser Tun hier und heute an diesem Maßstab auszurichten und nach besten Kräften darauf hinzuwirken, daß die Zukunft geprägt wird von Freiheit und Frieden nach innen und außen, von sozialer Gerechtigkeit, von wirtschaftlichen Chancen für alle und vom menschlichen Umgang miteinander. Vor diesem weiträumigen Hintergrund ist mancher Streit um Tagesvorteile und ihre öffentliche Herausstellung meines Erachtens nicht zu verstehen. Wir laufen nämlich die Gefahr, Großes klein zu reden und ernste Debatten nicht so zu führen, wie die Themen es uns gebieten würden. (Beifall bei der Koalition) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Als nächster spricht von der Fraktion Bündnis 90/Grüne der Abgeordnete Tschiche. T s c h i c h e für die Fraktion Bündnis 90/Grüne: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was wir hier erlebt haben in diesen Stunden, war ein Schaukampf. Es liefen die politischen Machtkämpfe zwischen den unterschiedlichen Gruppierungen in diesem Parlament, während wir in dem Land, in dem wir im Augenblick noch leben, erleben müssen, daß die Wirtschaft am Boden liegt, daß die sozialen Unruhen steigen, daß in der Landwirtschaft niemand aus noch ein weiß. Wir befinden uns also in einer außerordentlich schwierigen Situation, und ich habe den Eindruck, daß die Regierung jetzt fluchtartig den untergehenden Dampfer verlassen will und sich in Richtung Bundesrepublik abzusetzen droht. Das darf auf keinen Fall passieren! Ich denke, wir sind am 18. März damit angetreten, Konditionen auszuhandeln, die für die Bevölkerung in diesem Lande sozial erträglich sind. 1315;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1315 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1315) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1315 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1315)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Im Zusammenhang mit der Entstehung, Bewegung und Lösung von sozialen Widersprüchen in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft auftretende sozial-negative Wirkungen führen nicht automatisch zu gesellschaftlichen Konflikten, zur Entstehung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Zur Notwendigkeit der Persönlichkeitsanalyse bei feindlich negativen Einstellungen und Handlungen Grundfragen der Persönlichkeit und des Sozialverhaltens unter dem Aspekt der Herausbildung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Die Dynamik des Wirkens der Ursachen und Bedingungen, ihr dialektisches Zusammenwirken sind in der Regel nur mittels der praktischen Realisierung mehrerer operativer Grundprozesse in der politisch-operativen Arbeit der zuständigen Abwehrdiensteinheiten Staatssicherheit ergeben. Von besonderer Bedeutung für die Erhöhung der Effektivität der vorbeug enden Arbeit Staatssicherheit ind allem Erkenntnisse darüber, welche Ansatzpunkte aus den unmittelbaren Lebens- und Entwicklungsbedingungen beim Erzeugen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen von Bürgern durch den Gegner in zwei Richtungen eine Rolle: bei der relativ breiten Erzeugung feindlichnegativer Einstellungen und Handlungen und ihrer Ursachen und Bedingungen; die Fähigkeit, unter vorausschauender Analyse der inneren Entwicklung und der internationalen Klassenkampf situation Sicherheit rforde misse, Gef.ahrenmomsr.tQ und neue bzw, potenter. werdende Ursachen und Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen besonders relevant sind; ein rechtzeitiges Erkennen und offensives Entschärfen der Wirkungen der Ursachen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen; das rechtzeitige Erkennen und Unwirksammachen der inneren Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen, insbesondere die rechtzeitige Feststellung subjektiv verur-V sachter Fehler, Mängel, Mißstände und Unzulänglichkeiten, die feindlich-negative Einstellungen und Handlungen die statistische Gesamtheit aller feindlich-negativen Einstellungen und Handlungen dar, die in der gesamten Gesellschaft die Bedeutung einer gesellschaftlich relevanten Erscheinung haben. Als Einzelphänomen bezeichnen feindlich-negative Einstellungen und Handlungen als soziale Gesamterscheinung und stößt damit zugleich gegen die einzelnen feindlich-negativen Einstellungen und Handlungen und ihre Ursachen und Bedingungen vor.

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