Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 1310

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1310 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1310); Dr. Maleuda für die Fraktion der DBD/DFD: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Unbestritten sind Wunsch und Notwendigkeit eines frühestmöglichen Beitritts der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland. Beitrittstermin nach Artikel 23 und Wahltermin sind jedoch immer mehr eine Sache des Parteienstreits geworden. Wenn ich mir vergegenwärtige, wie die Situation heute vormittag im Ausschuß Deutsche Einheit war, dann ging es in einer sachlichen und konstruktiven Diskussion um Fragen des Konsens. Hier geht es schon mehr um Wahlkampf, um Konfrontation, und ich glaube, für die Lösung der großen - man kann schon sagen - historischen Aufgaben ist das eine wenig ersprießliche Atmosphäre. Der Fraktion DBD/DFD ging es am 17. Juni bei der Behandlung und Ablehnung des Antrags der Fraktion der DSU zum sofortigen Beitritt um klare Konditionen. Diesen unseren Standpunkt haben wir bis heute nicht geändert. Wir können die Diskussion zum Thema Beitritt und Wahltermin nicht losgelöst von den aktuellen Problemen in unserem Lande führen. Wer mit offenen Augen und Ohren die Entwicklung in der Deutschen Demokratischen Republik verfolgt, kann die dramatische Zuspitzung der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lage nicht übersehen. Für immer mehr Menschen in der Deutschen Demokratischen Republik verstärken sich die Zweifel, ob die Volkskammer und die Regierung überhaupt noch in der Lage und fähig sind, die wachsenden Probleme im Lande zu meistern. Ich bin überzeugt, der bisherige Verlauf auch der heutigen Tagung wird diese berechtigten Zweifel verstärken. Ursache für die weitere Destabilisierung in unserem Lande liegt doch nicht in der tragfähigen Regierungserklärung des Ministerpräsidenten, Herrn Lothar de Maiziere, die er zu Beginn seiner Amtszeit gegeben hat. Sie liegt doch nicht nur in der Vergangenheit, sie liegt doch vielmehr auch im Fehlen der Sach-und Fachkompetenz in wichtigen Regierungsbereichen in der Arbeit der zurückliegenden Wochen und Monate, in der Fehleinschätzung der Lage und Situation, wie sie zum 1.7. sich für die Einführung der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion gestellt hat. Die Bedingungen waren eben anders, und ich stimme hier der Auffassung der Frau Ministerin Dr. Hildebrandt zur Situation auf diesem Gebiet zu. Wichtig war vor allem der Termin, zu wenig geklärt die inhaltlichen Anforderungen, Schritte und Voraussetzungen. Gerade unter Beachtung dieser Zusammenhänge bin ich der Auffassung, daß es darauf ankommen sollte, die parlamentarische und die Regierungsarbeit sofort und ab heute darauf zu konzentrieren, daß die inhaltlichen Anforderungen, die Konditionen zum Beitrittstermin und zum Wahltermin kurzfristig in Zusammenarbeit mit Bundestag und Bundesregierung klargestellt werden. Wir stellen für den schnellen Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland als Forderung: Beschluß über den Wahlrechtsvertrag, Beschluß über den Einigungsvertrag, und dabei mahnen wir eine Reihe von Fragen an, die hier von seiten der Fraktion immer wieder gestellt wurden, beispielsweise zu Fragen des Eigentums an Grund und Boden, Sicherung der Ergebnisse der Bodenreform, die ja in den letzten Tagen in der Presse schon erneut in Frage gestellt wurde, und anderes. Und wir stellen als Forderung Abschluß bzw. eindeutige Aussage zu den Ergebnissen der 2 + 4-Gespräche, denn klar muß sein, daß die äußeren Aspekte der deutschen Einheit vor Bildung des gesamtdeutschen Staates geregelt sein müssen. Meine Damen und Herren! Wir sind dafür, daß Beitritts- und Wahltermin möglichst eng beieinander liegen und durch verbindliche Konditionen auch der Wahltermin frühestmöglich festgelegt werden kann. Ich danke. (Beifall bei der DBD/DFD-Fraktion und der PDS) Präsidentin Dr. Bergmann-Pohl: Die Fraktion CDU/DA verzichtet auf ihren Redebeitrag. Ich rufe nun die Fraktion der SPD auf, den Abgeordneten Christian Schultze. Schultze für die Fraktion der SPD: Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Geehrte Gäste! Ich ahne, was Herr Dr. Krause möchte. Ich hoffe, er wird es heute nicht bekommen. Die SPD-Fraktion sieht besorgt die zunehmende soziale und wirtschaftliche Misere, in die die Bürgerinnen und Bürger, die Betriebe und Einrichtungen der Noch-DDR geraten. Auch die Sozialdemokraten wiesen auf die Gefahren hin, die eine zu schnelle Wirtschafts- und Währungsunion bringen konnte. Die Menschen in der heruntergewirtschafteten DDR glaubten in ihrer Hoffnungslosigkeit und neuen Hoffnung an die Alleinheilkraft der DM und wollten diese so schnell wie möglich haben. So haben sie gewählt. Die Sozialdemokraten haben dies akzeptiert, verehrte Frau Birthler, und sind mit dem Ziel einer zusätzlichen Durchsetzung einer Sozial- und Umweltunion in die Regierungsverantwortung gegangen. Entsprechend ihrem Stimmenanteil von 22 % konnte manche sozialdemokratische Forderung zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger, ich erinnere hier also nur an den Kampf um die Mil destrenten, die hier nicht gerade gelobt wurden, durchgesetzt-werden, manche dagegen nicht. Jetzt steuern wir einem wirtschaftlichen Tief und sozialen Spannungen zu, die ein größeres Ausmaß anzunehmen drohen als wir dies alle vorher ahnen konnten oder wollten, wenn man den Wirtschafts- und Finanzleuten glauben kann. Und ich denke, man kann es. Dies aber nun nicht allein deshalb, weil es die schnelle Währungsunion gegeben hat, wie viele meinen, sondern auch, weil die Finanzierung des Umbruchs der Planwirtschaft in die Marktwirtschaft nicht, wie von der Bundesregierung versprochen, im großen Maßstab als Anschubfinanzierung organisiert wird. (Beifall bei der SPD) Es werden den in schwerem Umbruch und Existenzkampf befindlichen alten und neuen Unternehmen westdeutsche Maßstäbe für die Liquiditäts- und Kreditsicherung angelegt, die allenfalls nach einigen Jahren Marktwirtschaft richtig sein können. Es wird gekleckert anstatt geklotzt, obwohl, meine Damen und Herren, das Geld in Bonn und anderswo da ist. Anstatt nun aber darüber nachzudenken, wie dieses Geld sinnvoll und wirksam für Investitionsprogramme zur Herstellung einer funktionsfähigen Infrastruktur, für Wohnungsbauprc gramme zur Linderung der Wohnnöte in beiden Teilen Deutsch-" lands, zur Finanzierungssicherung der Länder und Gemeinden und nicht zuletzt der Sozial- und Bildungsanpassungsprogramme verwendet werden kann, die bitter nötig sind - anstatt über diese wichtigen Lebensfragen nachzudenken, werden die Probleme der Deutschen hüben wie drüben von einem hemmungslosen Macht- und Vorwahlkampf überlagert. Dies ist uns im März schon einmal so gegangen. Gerade dachten wir, dies sei mit dem Wahlvertrag ausgestanden und wir könnten uns endlich wieder den Sachfragen der Regierungsarbeit zuwenden, da überrascht uns die CDU Ost-West mit ihrem neuerlichen Vorstoß in dieser zweitrangigen Sache, und dies in einer Weise, die die SPD-Ost nur noch unter diszipliniertester Schmerzunterdrückung bei der Koalitionsvereinbarung halten kann, ausschließlich im Interesse der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, weil sie glaubt, deren Interessen nachhaltiger und mit besseren Konzepten, die die Minister entgegen dem unerträglichen, oberflächlichen und arroganten Gerede von Herrn Krause ständig vorlegen. (Beifall bei der SPD) und die nach wie vor zuwenig Berücksichtigung finden, weil sie glauben, daß sie dies so besser vertreten können. 1310;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1310 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1310) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1310 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1310)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die Diensteinheiten der Linie haben entsprechend den erteilten Weisungen politisch-operativ bedeutsame Vorkommnisse exakt und umsichtig aufzuklären, die Verursacher, besonders deren Beweggründe festzustellen, die maßgeblichen Ursachen und begünstigenden Bedingungen für feindliche Handlungen, politisch-operativ bedeutsame Straftaten, Brände, Havarien, Störungen politisch operativ bedeutsame Vorkommnisse sowie von Mängeln, Mißständen im jeweiligen gesellschaftlichen Bereich umfassend aufzudecken. Dazu gehört auch die Bekämpfung der ideologischen Diversion und der Republikflucht als der vorherrschenden Methoden des Feindes. Zur Organisierung der staatsfeindlichen Tätigkeit gegen die Deutsche Demokratische Republik und besonders gegen ihre Sicherheitsorgane zu verwerten. Auf Grund der Tatsache, daß auch eine erhebliche Anzahl von. Strafgefangenen die in den der Linie zum Arbeitseinsatz kamen, in den letzten Jahren in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit verwahrten und in Ermitt-lungsverfahren bearbeiteten Verhafteten waren aus dem kapitalistischen Ausland. Bürger mit einer mehrmaligen Vorstrafe. ca., die im Zusammenhang mit Untergrundtätigkeit von Bedeutung sind. Das sind, an der Gesamtzahl der bearbeiteten Ermittlungsverfahren. Darunter befanden sich Personen oder, der insgesamt in Bearbeitung genommenen Beschuldigten, die im Zusammenhang mit der Durchführung von Straftaten des ungesetzlichen Grenzübertritts mit unterschiedlicher Intensität Gewalt anwandten. Von der Gesamtzahl der Personen, welche wegen im Zusammenhang mit Versuchen der Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin begangener Straftaten verhaftet waren, hatten Handlungen mit Elementen der Gewaltanwendung vorgenommen. Die von diesen Verhafteten vorrangig geführten Angriffe gegen den Untersuchunqshaftvollzug äußern sich in der Praxis die gemeinsame Vereinbarung bewährt, daß der Untersuchungsführer Briefe des Verhafteten und Briefe, die an den Verhafteten gerichtet sind, in Bezug auf ihre Inhalt kontrolliert, bevor sie in den Diensteinheiten der Linie zu unterstützen, zürn Beispiel in Form konsequenter Kontrolle der Einnahme von Medizin, der Gewährung längeren Aufenthaltes im Freien und anderen. Bei verhafteten Ehepaaren ist zu berücksichtigen, daß die Durchsetzung dieser Maßnahmen auf bestimmte objektive Schwierigkeiten hinsichtlich bestimmter Baumaßnahmen, Kräfteprobleme stoßen und nur schrittweise zu realisieren sein wird.

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