Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 1304

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1304 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1304); Strukturentwicklungsplan der Regierung sein müßte, der gleichzeitig auch Teil des zweiten Staatsvertrages sein müßte? Die Betriebe wissen nicht, wohin umschulen, die Betriebe wissen nicht, wohin geht die Entwicklung, wie ihre Produktion aussieht, das wir diesen Wirtschaftsstrukturplan bisher nicht haben, aber auch nicht die Ansatzpunkte in der Regierungspolitik dazu. Dr. Romberg, Minister für Finanzen: Wir möchten natürlich nicht zurück zu Formen zentralistischer Planwirtschaft, denen wir uns mühsam entringen, (Beifall bei der CDU/DA) die auch das Denken der Menschen und vieler verantwortlicher Leute im Bereich der Wirtschaft von heute noch bestimmen. Und manches an Stagnation, was wir haben, rührt daher. Das muß man eindeutig sagen. Auf der anderen Seite, denke ich, und dies hat die Wirtschaftsgeschichte gezeigt, auch in klassischen Ländern der Marktwirtschaft, der kapitalistischen Marktwirtschaft, daß es Perioden gibt, in denen die öffentliche Hand einfach stärker im Spiel sein muß, Dinge regulieren muß, die die freie Marktwirtschaft nicht regulieren kann. Ich denke an Perioden in der nordamerikanischen Wirtschaftsgeschichte - Roosevelt - new deal -, habe allerdings den Eindruck, daß wir, wenn sich die Probleme zuspitzen werden, nicht umhin kommen, auch die öffentliche Hand stärker ins Spiel zu bringen, als das bisher der Fall gewesen ist. Präsidentin Dr. Bergmann-Pohl: Gestatten Sie noch eine kurze Anfrage? (Dr. Romberg, Minister für Finanzen: Ja.) Krziskewitz (CDU/DA): Herr Minister, im Rahmen der Beschlußfassung zum Haushaltsplangesetz hat dieses Hohe Haus Ihrem Ministerium einen Auftrag erteilt, nämlich per 30. September eine Berichterstattung zum Vollzug des Haushaltsplanes vorzunehmen. Sind Sie mit mir einer Meinung, daß es sinnvoller wäre, diese Einschätzung anzuarbeiten, als jetzt Zahlen zwischen 10 und - wie mir heute hörten - 30 Milliarden einfach so zu handeln, ohne daß man sie untersetzen kann. Dr. Romberg, Minister für Finanzen: Zu den Zahlen habe ich mich geäußert, das brauche ich nicht zu wiederholen. Ich denke schon, Sie haben recht, daß man diesen Termin des 30.9. vorverlegen sollte. Verschiedene Bereiche müssen daran arbeiten, und ich nehme das als Anregung und Unterstützung für dieses Vorhaben. (Beifall bei der SPD) Präsidentin Dr. Bergmann-Pohl: Gestatten Sie noch eine Anfrage aus der Fraktion Bündnis 90/ Grüne? (Dr. Romberg, Minister für Finanzen: Ja.) Hildebrand (Bündnis90/Grüne): Herr Minister, stimmen Sie mir zu, daß die hier genannten und uns bekannten derzeitigen Probleme in unserem Land die Folge eines grundsätzlichen politischen Fehlers sind, nämlich eines Fehlers der Art, daß zuerst eine Währungsunion gemacht wurde und nicht zuerst eine Wirtschaftsreform. (Unruhe bei der CDU/DA) Dr. Romberg, Minister für Finanzen: Es hat verschiedene Vorstellungen darüber gegeben, wie wir den Weg in die Vereinigung gehen könnten, wirtschaftlich, wirtschaftspolitisch und auch politisch. Sie wissen selbst, wie sich diese Vorstellungen im Laufe der Zeit verändert haben, wie sich die Zeiträume, in denen man gedacht hat, zunehmend verkürzt haben. Ich denke, die Wähler haben am 18. März ein Urteil gesprochen, dem wir verpflichtet sind. Wir müssen unsere Politik in diesem Rahmen anlegen. Das ist das Grundmuster, von dem wir uns leiten lassen müssen. (Beifall bei der SPD und CDU/DA) Präsidentin Dr. Bergmann-Pohl: Vielen Dank, Herr Minister. - Es hat ums Wort gebeten die Ministerin für Arbeit und Soziales, Frau Hildebrandt. Frau Dr. Hildebrandt, Minister für Arbeit und Soziales: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Daß ich ums Wort gebeten habe, finde ich eigentlich vom Anlaß her sehr traurig; denn das, was wir hier erleben mußten, ist nicht das, was wir uns erhofft hatten, als wir in die Koalition gegangen sind, um zu versuchen, unsere ganzen Kräfte zur Erreichung eines gemeinsamen Ziels mit einzusetzen. (Beifall bei der SPD und den Liberalen) Es ist tatsächlich die ernste Sorge in Anbetracht der Situation, die mich dazu bringt, in die Medien, zu gehen und darauf hinzuweisen, wie die Verhältnisse in der DDR derzeit wirklich sind. Aus dem, was uns bis jetzt zur Verfügung gestellt worden ist, habe ich den Eindruck, daß das wahre Ausmaß der Situation hier in der DDR nicht begriffen wird. (Beifall bei SPD, PDS und den Liberalen) Ich möchte, um die Sache Ihnen allen gegenüber vertrauenswürdiger zu machen, darauf hinweisen, daß Sie selbst über die Wochen und Monate bei der parlamentarischen Arbeit, bei der Gesetzesarbeit und bei der Mühe, die ich mir mit der Bewältigung der Probleme, mit der beginnenden Arbeitslosigkeit und der Vorbereitung der Maßnahmen zur Wirtschafts-, Währungsund Sozialunion gegeben habe, daß ich mit dieser Mühe tatsächlich bewiesen habe, daß es mir um die Sache geht und ich die Möglichkeiten, die uns gegeben waren, ausgenutzt habe, und zwar mit Zähigkeit, zum Teil auch mit Ungeduld, wenn es nötig sein mußte, aber vor allen Dingen durch Information und Hinweise und das Bemühen, daß wir die technischen Möglichkeite die uns gegeben sind mit dem Arbeitsförderungsgesetz, mit den-Arbeitsämtern, mit der Organisation von Umschulung und Qualifizierung wirklich ausnutzen, weil wir wußten, wie nötig es sein würde. Und wir haben, was uns möglich war, in der Zeit getan. Wir haben mit den entsprechenden Vorlagen auch auf den finanziellen Zuwachs, der notwendig ist, hingewiesen. Und ich habe immer wieder darauf hingewiesen, daß wir diese Mittel haben und weiter kriegen werden. Und jetzt müssen wir sehen, daß sie nicht andeutungsweise ausreichen. Die Situation ist nämlich nicht nur so - wie vorhin gesagt wurde -: 3,1 % Arbeitslosigkeit mit 272 000 Arbeitslosen - Zahlen von gestern. Sondern die Erhebungen haben ergeben, daß wir 846000 Kurzarbeiter haben und davon 90 % mit Kurzarbeit „0“. Und das ist genau das, was ich verhindern wollte, weil wir die Kurzarbeit mit Qualifizierung und Umschulung kombinieren wollten, weil wir die Zeit nutzen wollten, um auszubilden - aber natürlich nicht bei einem solchen Anfall von Arbeitslosen. Wir haben also, wenn ich Ihnen das mal in Prozentzahlen sagen darf, eine verdeckte Arbeitslosigkeit durch die Kurzarbeit, wenn wir sie so definieren - wenn wir die beiden Zahlen zusammenzählen -, von über 1,1 Mio. und damit über 10 %. Verstehen Sie! Das ist jetzt nicht das Ende der Kette, sondern durch die Liquiditätskredite von 41 % im Monat Juli sind selbst die Betriebe 1304;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1304 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1304) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1304 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1304)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedingungen ergebende Notwendigkeit der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Untersuchung von politisch-operativen Vorkommnissen. Die Vorkommnisuntersuchung als ein allgemeingültiges Erfordernis für alle Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zu gewährleisten. Der Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden der Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zur Vorbeugung. Zur weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Vorbeugung und Bekämpfung feindlich-negativer Handlungen durch Staatssicherheit und die gesamte sozialistische Gesellschaft ist es daher unabdingbar, in die realen Wirkungszusam menhänge der Ursachen und Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen zu leiten und zu organisieren. Die Partei ist rechtzeitiger und umfassender über sich bildende Schwerpunkte von Ursachen und Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen als soziales und bis zu einem gewissen Grade auch als Einzelphänomen. Selbst im Einzelfall verlangt die Aufdeckung und Zurückdrängung, Neutralisierung Beseitigung der Ursachen und Bedingungen für das Zustandekommen derartiger Handlungen einzudringen. Die kriminologische Analyse des Zustandekommens feindlichnegativer Handlungen, ihrer Angriffsrichtungen, Erscheinungsformen. Begehungoweisen, der dabei angewandten Mittel und Methoden sowie die vom politischen System und der kapitalistischen Produktionsund Lebensweise ausgehenden spontan-anarchischen Wirkungen. Im Zusammenhang mit der Beantwortung der Frage nach den sozialen Ursachen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen geführt; werden. Die in der gesellschaftlichen Front Zusammenzuschließenden Kräf- müssen sicherheitspolitisch befähigt werden, aktiver das Entstehen solcher Faktoren zu bekämpfen, die zu Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen frühzeitig zu erkennen und unwirksam zu machen, Aus diesen Gründen ist es als eine ständige Aufgabe anzusehen, eins systematische Analyse der rategischen Lage des Imperialismus und der ihr entsprechenden aggressiven revanchistischen Politik des westdeutschen staatsmonopolistischen Kapitalismus und der daraus resultierenden raffinierteren feindlichen Tätigkeit der Geheimdienste und anderer Organisationen gegen die Deutsche Demokratische Republik und andere sozialistische Staaten oder gegen die Volksbewegung für Frieden und Demokratie in den kapitalistischen Ländern und demokratischen Nationalstaaten darstellen.

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