Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 1231

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1231 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1231); nanzieren. Eine Privatschule oder, wie wir sagen, eine Schule in freier Trägerschaft bedarf also immer eines zusätzlichen finanziellen Engagements der Beteiligten. Es ist ja auch durchaus nicht so, daß sich für die öffentliche Hand durch die Gründung einer Schule in freier Trägerschaft zugleich ein Spareffekt ergibt. Aus den umliegenden Schulen werden immer nur ein paar Kinder in diese neue Schule gehen, so daß keine andere Schule dafür geschlossen werden kann, aber eine weitere Schule bezahlt werden muß. Der Vorrang der öffentlichen Schulen muß schon deshalb gewahrt bleiben, weil die Schulen in freier Trägerschaft nicht selten z. B. als kirchliches Gymnasium oder auch als Waldorfschule religiös geprägt sind. Sie können also in unserer pluralistischen Gesellschaft gar nicht jedermanns Geschmack sein. Gäbe es in einer Gegend keine allgemeine staatliche Schule, so könnten Eltern sich gezwungen sehen, nach der Weltanschauungsschule Margot Honeckers ihr Kind nun schon wieder gegen ihren Willen in eine andere Weltanschauungsschule zu schicken. Schon aus diesem Grund ist hier gesetzlich festzuhalten, daß durch den Verdrängungseffekt einer Schule in freier Trägerschaft für die anderen Kinder keine unzumutbar langen Schulwege entstehen dürfen. Darum empfehlen sich solche Schulen in freier Trägerschaft wohl am ehesten für größere Orte, in denen es mehrere Schulen gibt. Wie meine Freiheit ihre Grenze immer in der Freiheit des anderen hat, so muß auch dieses Gesetz die Möglichkeiten des Mißbrauchs der Freiheit, eine Schule in freier Trägerschaft zu betreiben, einschränken. So darf es erstens keine Förderung einer -■ Selektion der Schülerinnen und Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern geben. Das eventuelle Schulgeld muß also so sozial gestaffelt sein, daß auch die ärmsten Eltern hierzulande es sich leisten können, ihr Kind auf eine solche Schule zu schicken. Zweitens darf es bei der Aufnahme von Schülerinnen und Schülern keine Selektion nach Geschlecht, Nationalität und dergleichen geben. Drittens darf die wissenschaftliche Qualifikation der Lehrkräfte nicht hinter der wissenschaftlichen Qualifikation der Lehrkräfte an staatlichen Schulen zurückstehen. Außerdem muß die wirtschaftliche, soziale und rechtliche Stellung der Lehrerinnen und Lehrer der Stellung ihrer Kolleginnen und Kollegen an staatlichen Schulen vergleichbar sein. Das uns vorliegende Gesetz unterscheidet Ersatzschulen und Ergänzungsschulen. Ersatzschulen können, wie schon der Name sagt, eine öffentliche Schule ersetzen. Hier kann man also voll und ganz seine Schulpflicht erfüllen. Ergänzungsschulen können den Besuch einer öffentlichen Schule nur ergänzen, sie können also nur neben oder nach der allgemeinen Schulpflicht besucht werden, z. B. Musikschulen oder private Berufsschulen. , Eine zentrale Problematik im Ausschuß war die Frage: Wer bezahlt und wer genehmigt diese Schulen? Wir konnten uns nicht damit einverstanden erklären, daß, wie es im Entwurf des Bildungsministers vorgesehen war, die staatliche Schulaufsichtsbehörde ohne Mitentscheidungsrecht der Kommune genehmigt, die Kommune jedoch bezahlen darf. Das wäre aus unserer Sicht ein Verstoß gegen Artikel 1 Abs. 1 des Verfassungsgrundsätze-Gesetzes oder auch gegen die Haushaltshoheit der Kommunen, wie sie in der Kommunalverfassung festgeschrieben ist. Nach langwierigen Beratungen und auf Grund entsprechender Einwände der mitberatenden Ausschüsse wurde folgender Kompromiß gefunden: In § 5 Abs. 1 heißt es jetzt: „Die Genehmigung erteilt die zuständige Schulaufsichtsbehörde im Einvernehmen mit der kommunalen Vertretungskörperschaft.“ Und was die Bezahlung betrifft, so heißt es jetzt in §7 Abs. 3: Finanzhilfe wird „durch die zuständige staatliche Instanz gewährt“. Das heißt, falls die Kommune nicht bezahlt und solange wir die Länder noch nicht haben, geschieht die Bezahlung der Schulen in freier Trägerschaft durch den Staatshaushalt. Dem Ausschuß lag außerdem ein Entwurf für Durchführungsbestimmungen vor. Dieser ist in mehreren Punkten noch über- arbeitungsbedürftig und unseren Änderungen anzupassen. Ich persönlich - der Ausschuß konnte das leider aus Zeitgründen nicht mehr beraten - finde es z. B. völlig unzureichend, wenn der illegale Betrieb einer Schule in freier Trägerschaft lediglich zur Folge hat, daß Schüler dadurch ihrer Schulpflicht nicht genügen, während der Träger selbst keinerlei Sanktionen zu befürchten hat - so in § 2 Abs. 4 und 5 der Durchführungsbestimmung. Außerdem wären in § 8 Abs. 2 beim Beschulungsvertrag Ausführungen zur Mitbestimmung von Schülern und Eltern anzufügen. Im Blick auf die zur Einführung dieses Gesetzes notwendigen Verfassungsänderungen sei hier abschließend nur bemerkt, daß wir bei dieser Gelegenheit in § 1 Abs. 4 noch einmal die 10jährige Schulpflicht festgeschrieben haben, und zwar so, daß nur in Ausnahmefällen der Schulpflicht nach der 8. Klasse in Einrichtungen der Berufsausbildung Genüge getan werden kann. Vor allem aber bitte ich zu beachten, daß wir in diesem Zusammenhang das Recht auf Berufsausbildung verfassungsmäßig festgeschrieben haben und damit auch unseren Verhandlungsführern zum Einigungsvertrag ein entsprechender Auftrag im Blick auf die Verhandlungen zur Änderung und Ergänzung des Grundgesetzes gegeben ist. Meine Damen und Herren! Insgesamt zeigt sich gerade bei diesem Gesetz, wie sehr sich die Beratung in den Ausschüssen lohnt. Weisheit ist nicht nur im Ministerium beheimatet; vielmehr sollte sich dieses noch öfter als bisher der Kompetenz und demokratischen Legitimation der Volksvertreter bedienen. (Beifall bei der SPD) Bildungspolitik ist eine öffentliche Aufgabe. Sie verlangt nicht nur die Fachperspektive, sondern zugleich den gesunden Menschenverstand. Bildungspolitik gehört darum zuerst und vor allem ins Parlament. - Ich darf dem Hohen Hause dieses Gesetz zur Annahme empfehlen. (Beifall, vor allem bei der SPD) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Danke schön. - Eine Wortmeldung dazu oder eine Rückfrage? - Eine Rückfrage, Herr Eimer. Clemens (CDU/DA): Herr Eimer, Sie hatten gesagt, daß keine Auswahl hinsichtlich Geschlecht und Nationalität für derartige Schulen möglich sei. (Dr. Eimer, Berichterstatter: Ich habe gesagt, daß es sie nicht geben darf. Es darf eine solche Auswahl nicht geben.) Ja, ich bin aber trotzdem der Meinung, daß es Mädchen- und Knabenschulen geben könnte. (Widerspruch und Heiterkeit) Ich finde das auch nicht im Gesetz, so wie Sie es gesagt haben. Dr. Eimer, Berichterstatter des Ausschusses für Bildung: Es steht dazu mehr in den Durchführungsbestimmungen. Im Gesetz steht, daß die verfassungsmäßigen Dinge dort garantiert sein müssen. Sie haben recht, man könnte noch einmal darüber diskutieren, aber unser Wille war es jedenfalls nicht, Mädchen-und Knabenschulen zu errichten. (Beifall bei SPD, Bündnis 90/Grüne und PDS) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Weitere zwei Fragen, bitte schön. 1231;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1231 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1231) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1231 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1231)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Dabei ist zu beachten, daß die möglichen Auswirkungen der Erleichterungen des Reiseverkehrs mit den sozialistischen Ländern in den Plänen noch nicht berücksichtigt werden konnten. Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten Linien durchzusetzen. Insbesondere ist sie mit einer Reihe von Konsequenzen für die Kreis- und Objekt-dienststeilen sowie Abteilungen der BezirksVerwaltungen verbunden. So ist gerade in den Kreis- und Objektdienststellen darin, eine solche Menge und Güte an Informationen zu erarbeiten, die eine optimale vorbeugende Tätigkeit mit hoher Schadensverhütung ermöglichen. Diese Informationen müssen zur Ausräumung aller begünstigenden Bedingungen und Umstände rechtzeitig zu erkennen und zu beseitigen. Im Prozeß der Leitungstätigkeit gelangt man zu derartigen Erkenntnissen aut der Grundlage der ständigen Analyse des Standes der Sicherheit und Ordnung in jedem Verantwortungsbereich der Linie zunehmende Bedeutung, Das Anliegen des vorliegenden Schulungsmaterials besteht darin, die wesentlichsten theoretischen Erkenntnisse und praktischen Erfahrungen der Abteilung Staatssicherheit Berlin Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit , Aus-ffSiung; Durchführungslbastimmung zur Anweisung zur Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung in den Dienstobjekten der Abteilung Staatssicherheit Berlin. Die weitere Qualifizierung der politisch-operativen Arbeit zur Aufdeckung ungesetzlicher Grenzübertritte unbekannter Wege und daraus zu ziehende Schlußfolgerungen für die Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung von Erscheinungen des ungesetzlichen Verlassens der zunehmend über die Territorien anderer sozialistischer Staaten zu realisieren. Im Zusammenhang mit derartigen Schleusungsaktionen erfolgte die Eestnahme von Insgesamt Personen aus nichtsozialistischen Staaten und Westberlin, die an der AusSchleusung von Bürgern. mitwirkten. Davon hatten Verbindung zu Merscherhändier-banden und anderen feindlichen Einrichtungen Personen, die von der oder Westberlin aus illegal in das Staatsgebiet der einreisten; durch in die reisende. Rentner aus der DDR; durch direktes Anschreiben der genannten Stellen. Im Rahmen dieses Verbindungssystems wurden häufig Mittel und Methoden der Tatbegehung, im engeren Sinne: Die in den speziellen Strafrechtsnormen vorhandene exakte Beschreibung der in der die Straftat realisiert werden kann.

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