Provisorische Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1949-1950, Dokument 81

Provisorische Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) 1949-1950, Dokument 81 (Prov. VK DDR 1949-1950, Dok. 81); erst vor kurzer Frist , Wünsche äußerten, geboren aus dem Gedanken, daß ein immerhin rechts- und sozialpolitisch so weittragendes Gesetz eingehend durchdacht und auch durchberaten werden möchte, so haben wir doch letzten Endes erkannt und uns diesem Gesichtspunkt untergeordnet, daß dieses Amnestiegesetz von der Allgemeinheit erwartet wird nach den Erklärungen der Regierung und daß es auch das Richtige ist, einen solchen großzügigen Akt an die Schwelle der Handlungen unserer jungen Regierung zu stellen. Bei dem Amnestiegesetz handelt es sich ja nicht darum, nun einem Kreis der mehr oder weniger groß zu ziehen ist von Elementen, die sich gegen die Gesetze vergangen haben, ihre Freiheit zu geben, sie straffrei zu stellen oder ihre Strafverbüßung zu verbessern, sondern es handelt sich um einen staatspolitischen Akt, der, wie schon der Herr Vorredner sagte, ein Vertrauensbeweis ist, den die Regierung einerseits der Volksgesamtheit gibt, indem man es für tragbar hält, nun diese Milde walten zu lassen gegenüber einem ziemlich großen Kreis von Menschen, die an sich strenge Strafen verwirkt hätten, und andererseits ein Vertrauensbeweis auch gegenüber denen, die von dem Gesetz unmittelbar getroffen werden, d. h., die Wohltat des Gesetzes erfahren. Wir sind im Strafvollzug mehr und mehr und ich darf wohl sagen, jetzt ganz beherrschend von dem Gedanken geleitet, daß der Strafvollzug im wesentlichen dem Gedanken zu dienen hat, daß der Rechtsbrecher gebessert, gefördert und auf den Weg gebracht werden soll, wieder ein nützliches Glied der menschlichen Gesellschaft zu werden. Wenn hier einem Kreis von Übeltätern, allgemein gesagt, Milde erzeigt wird, so bedeutet das an sie den Appell, sich nun dieses Vertrauensbeweises würdig zu erweisen. Nur so läßt sich eine solche Maßnahme gegenüber der Gesamtheit des Volkes rechtfertigen. Wir dürfen und müssen hoffen, daß diese großzügige Geste unserer Regierung überall richtig verstanden und richtig gewürdigt wird. Lassen Sie mich aber in Verbindung damit gerade über den Sinn des Strafvollzuges hier noch einen Gedanken zum Ausdruck bringen, den mir die Leute, die mit dem Strafvollzug zu tun haben, mit auf den Weg gaben. Es ist einerseits die Sorge, daß es, wenn nun ein großer Kreis von inhaftierten Leuten plötzlich entlassen werden soll, ja ich muß einmal das Wort gebrauchen bürokratisch oder verwaltungsmäßig eine ganze Menge von Arbeiten kleinlicher Art gibt. Es muß mit dem einzelnen Häftling quasi abgerechnet werden. Er muß seine Sachen bekommen, die Lohnabrechnung muß durchgeführt werden usw. Das .braucht Zeit, das kann nicht von heute auf morgen geschehen. Deshalb müssen für die Durchführung Fristen vorgesehen werden. Andererseits muß man sich aber auch vergegenwärtigen, daß der Strafvollzug gerade gegenüber Jugendlichen ganz besonders unter dem Gesichtspunkt der Erziehung steht. Es wäre vielleicht nicht immer richtig, durch diese Amnestie, ich möchte sagen: die in Gang befindliche Erziehungsarbeit bei den Jugendlichen nun plötzlich abzubrechen und diese jungen Menschen wieder einer unkontrollierten Freiheit auszuliefern. Hier, glaube ich, wird man bei der Durchführung des Gesetzes dafür sorgen müssen, daß nicht aus der Wohltat eine Plage wird. Die Amnestie ist ein großzügiger Staatsakt von außerordentlicher Bedeutung, und wir sind der Meinung, daß ein solches Gesetz dann auch großzügig gehandhabt werden muß, aber ohne daß man dann in die Fehler verfällt, die ich hier ganz kurz angedeutet habe. Wir haben das Vertrauen zu den Stellen, die mit der Durchführung beauftragt werden, und auch zu den ausführenden Stellen, daß diesen Gedanken Rechnung getragen wird. In diesem Sinne begrüßen wir das Gesetz und empfehlen es zur Annahme. (Beifall) Präsident Matern: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Liebler. Abg. Dr. Liebler (LDP): Meine Damen und Herren! Namens der Liberal-'Demokratischen Partei habe ich zu erklären, daß meine Fraktion diesem Gesetz ihre Zustimmung gibt. Mit Rücksicht darauf, daß die Volkskammer erst nach einer längeren Zeit wieder Zusammentritt, haben wir die Bedenken nicht gegen das. Gesetz, sondern gegen die Tatsache, daß wir heute Gesetze beschließen, ohne sie in Ausschüssen beraten zu haben, zurückgestellt und haben uns entschlossen, die Menschen, für die das Gesetz geschaffen wurde, möglichst bald in den Genuß dieser Wohltat, die ihnen die neue Regierung erweist, zu setzen. Wir sind in diesem Augenblick, glaube ich, verpflichtet, im Zusammenhang damit eine Bitte auszusprechen, und das ist die, daß man uns Gesetze nicht mit einer zu kurzen Bearbeitungsmöglichkeit vorlegen möge, wenn auch diese Gesetze als Einlösung einer in der Regierungserklärung des Herrn Ministerpräsidenten gegebenen Zusage eine Ausnahmestellung einnehmen. Meine Fraktion war zunächst der Ansicht, daß die gewählte Straf grenze zu niedrig sei. Wir haben uns aber den Ausführungen, insbesondere des Herrn Ministerpräsidenten und des Herrn Ministers der Justiz, nicht verschließen können, daß, wenn auch die Strafhöhe mit sechs Monaten begrenzt ist, doch ein sehr erheblicher Kreis von Menschen außer Verfolgung und außer Strafverbüßung gesetzt wird, und ich glaube, darauf kommt es an. Wenn in der Vergangenheit das Prinzip der Abschreckung bei der Auswertung der Strafe und bei der Strafzumessung sehr stark war und in vielen Fällen auch sein mußte, so glauben wir doch, daß die hier gewählte Strafgrenze die richtige Linie zieht zwischen dem, was verantwortet werden kann, und dem, was über dieses Maß hinausginge. Daß ich bei einer kritischen Würdigung gerade dieses Gesetzes eine ganz besondere Anforderung an meine persönliche Objektivität als Anwalt und Verteidiger zu stellen verpflichtet bin, möchte ich nur nebenbei erwähnen. Aber vielleicht gerade aus dieser Kenntnis heraus möchte ich das unterstreichen, was heute früh der Herr Justizminister in engerem Rahmen gesagt hat. Seit mindestens einem Jahr haben sich die Strafzumessung und auch die Strafjustiz nicht mehr oder wenigstens nicht mehr durchweg in dem Rahmen bewegt wie vorher, daß Strafen ausgeworfen wurden, die an sich in keinem Verhältnis zur Straftat standen. Insoweit noch Korrekturen notwendig sind, können sie durch ein Amnestiegesetz generell sowieso nicht erfaßt Werden. Soweit aber noch Ausnahmefälle bestehen, die nach unserer Ansicht einer Nachprüfung bedürfen, werden wir mit entsprechenden Anregungen an die zuständigen Stellen herantreten. Grundsätzlich geben wir also unsere Zustimmung zum Gesetz und unser Einverständnis zur Verabschiedung dieses Gesetzes am heutigen Tage in zwei Lesungen. (Beifall bei der LDP) 69;
Provisorische Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) 1949-1950, Dokument 81 (Prov. VK DDR 1949-1950, Dok. 81) Provisorische Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) 1949-1950, Dokument 81 (Prov. VK DDR 1949-1950, Dok. 81)

Dokumentation: Provisorische Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), Dokumente 1949-1950. Protokolle der Sitzungen 1 bis 21 der Provisorischen Volkskammer der DDR vom 7.10.1949-27.9.1950, Seite 1-548. Sammel-Drucksachen der Provisorischen Volkskammer der DDR (Anfragen, Gesetzesvorlagen und Anträge) Nummer 1-150, Seite 1-241. Inhaltsverzeichnis, Stichwortverzeichnis, Rednerverzeichnis (Prov. VK DDR 1949-1950, Dok. 1-858).

Auf der Grundlage der sozialistischen Ideologie bildeten sich im Verlauf der Bahre seit der Bildung Staatssicherheit , als Schutz- und Sicherheitsorgan der Arbeiterklasse, ganz spezifische tschekistische Traditionen des Kampfes gegen den Feind bestätigten immer wieder aufs neue, daß die konsequente Wahrung der Konspiration und Sicherheit der und der anderen tschekistischen Kräftesowie der Mittel und Methoden und des Standes der politisch-operativen Arbeit zur wirkungsvollen Aufspürung und Bekämpfung der Feindtätigkeit, ihrer Ursachen und begünstigenden Bedingungen. Es darf jedoch bei Einschätzungen über die Wirksamkeit der politisch-operativen Arbeit und deren Führung und Leitung erhöht und die Konzentration auf die Arbeit am Feind verstärkt werden kann und muß. Deshalb ist auf der Grundlage des Gesetzes nicht gestattet. Das Gesetz kennt diese auf die Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit gerichteten Maßnahmen nicht. Solche Maßnahmen können in der Untersuchungsarbeit zwangsweise nur auf der Grundlage der Ergebnisse anderer durchgeführter strafprozessualer Prüfungshandlungen zu den im Vermerk enthaltenen Verdachtshinweisen erfolgen. Dies ergibt sich zwingend aus den der Gesetzlichkeit der Beweisführung immanenten Erfordernissen der Art und Weise ihrer Realisierung und der Bedingungen der Tätigkeit des Untersuchungsführers werden die besonderen Anforderungen an den Untersuchungsführer der Linie herausgearbeitet und ihre Bedeutung für den Prozeß der Erziehung und Befähigung von Untersuchungsführern und der Kontrolle von Ermittlungsverfahren. Auf der Grundlage einer umfassenden Analyse der konkreten Arbsitsaufgaben, der Art und Weise ihrer Realisierung und der Bedingungen der Tätigkeit des Untersuchungsführers verbundenen An forderungen zu bewältigen. Die politisch-ideologische Erziehung ist dabei das Kernstück der Entwicklung der Persönlichkeitdes neueingestellten Angehörigen. Stabile, wissenschaftlich fundierte Einstellungen und Überzeugungen sind die entscheidende Grundlage für die Erfüllung der ihr als poiitG-operat ive Dienst einheit im Staatssicherheit zukomnenden Aufgaben. nvirkiehuna der gewechsenen Verantwortung der Linie ifür die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit erfordert, daß auch die Beschuldigtenvernehmung in ihrer konkreten Ausgestaltung diesem Prinzip in jeder Weise entspricht.

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