Provisorische Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1949-1950, Dokument 274

Provisorische Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) 1949-1950, Dokument 274 (Prov. VK DDR 1949-1950, Dok. 274); Unter Punkt 3 der Tagesordnung treten wir ein in die Behandlung der Anfrage der Mitglieder des Ältestenrates über Maßnahmen der Provisorischen Regierung der Deutschen Demokratischen Republik gegen die Begünstigung der neufaschistischen Bewegung durch die Justiz des westdeutschen Separatstaates (Drucksache Nr. 57). Um der Bedeutung der Frage willen darf ich diese von den Abgeordneten Koenen, Scholz, Müller, Bürde, Warnke, Liebler, Siebenpfeiffer, Gysi, Dieckmann, Löhr, Schmidt, Malter, Ebert, Hoffmann und Geske Unterzeichnete Anfrage im Wortlaut hiermit nochmals zu Ihrer Kenntnis bringen: In Neumünster ist ein rechtsradikaler Abgeordneter des sogen. Bundestages in Bonn namens Hedler, der in einer öffentlichen Versammlung antisemitische und sonstige offen nazistische Propaganda getrieben hatte und deswegen unter Anklage stand, Von einem deutschen Gericht „aus Mangel an Beweisen“ freigesprochen worden. (Hört, hört!) Dieser Freispruch bedeutet eine schwere, vor allem außen- und justizpolitische Gefährdung der Lebensinteressen des deutschen Volkes. Ausland und Inland müssen aus diesem skandalösen Freispruch den Schluß ziehen, daß die Deutschland in den Potsdamer Beschlüssen auferlegte Verpflichtung der Ausrottung der Reste des Faschismus, Militarismus und Imperialismus und der Demokratisierung des deutschen Volkes bewußt verleugnet wird. Das kürzlich von dem Ministerpräsidenten des Landes Süd-Württemberg-Baden als „Bundes-Zentraltheater“ bezeichnete Bonner Parlament hat den Antrag der Kommunistischen Fraktion, gegen diesen die Lebensinteressen des deutschen Volkes bedrohenden Freispruch von Neumünster feierlich Protest zu erheben, mit allen Stimmen gegen die Stimmen der antragstellenden Fraktion abgelehnt und dadurch die antidemokratische, neofaschistische Bewegung im Bonner Separatstaat ausdrücklich begünstigt. Im Gegensatz hierzu sind alle Organe der Deutschen Demokratischen Republik in Fortsetzung der auf das gleiche Ziel gerichteten Arbeit der früheren Verwaltungen der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone auf das ernsteste und mit großem Erfolg bemüht gewesen und weiterhin bestrebt, die dem deutschen Volke in den Potsdamer Beschlüssen auferlegten Verpflichtungen vorbehaltlos und aus innerster Überzeugung zu erfüllen. Insbesondere hat auch die Justiz im Gesamtgebiet der Deutschen Demokratischen Republik zielbewußt ihre eigene Demokratisierung durchgeführt und durch ihre Rechtsprechung in stets zunehmendem Maße erkennen lassen, daß sie als Vollstreckerin des Willens des Volkes entschlossen und in der Lage ist, jeglichen Versuch einer Wiederbelebung faschistischen und verwandten Ungeistes auf das wirksamste zu begegnen. Die Provisorische Volkskammer als das höchste demokratische Organ der Deutschen Demokratischen Republik ist, wie die Provisorische Regierung selbst, durchdrungen von ihrer nationalen Mission, schon jetzt für ganz Deutschland zu handeln. Wir richten deshalb an die Provisorische Regie-rung die Anfrage: was zu tun sie willens und in der Lage ist, um die aus dem Freispruch von Neumünster für Deutschland erstehenden Gefahren vom deutschen Volke abzuwenden. Wir fragen weiter: ob die Regierung bereit ist, vor der gesamten Öffentlichkeit des In- und Auslandes die Grundlinien ihrer Justizpolitik und die Ergebnisse dieser Politik darzulegen. Angesichts der Dringlichkeit und der Bedeutung dieser unserer Anfragen würden wir es begrüßen, wenn die Provisorische Regierung sich zu ihrer sofortigen Beantwortung bereit erklären würde. Die Provisorische Regierung hat mir auf diesen Antrag eben mitgeteilt, daß sie bereit ist, sofort, nämlich in der heutigen Sitzung, diese Anfrage zu beantworten. Ich erteile zu einer Regierungserklärung zu dieser Frage das Wort dem Herrn Minister der Justiz Rechner. Minister Fechner (Min. d. Justiz): Meine Damen und Herren! Die Regierung kommt der Anfrage gern nach, die sich auif den Fall Hedler bezieht. Um es vorweg zu sagen: uns verwundert das Schandurteil im Hedler-Prozeß nicht. Dieser Fall ist nicht ein empörender Einzelfall, sondern er ist als Symptom, als ein treffendes Kennzeichen für die Gesamtstruktur der Justiz und des ganzen reaktionären Staatsapparates in Westdeutschland zu werten. Wir sind deshalb auch nicht überrascht, weil wir die politische Funktion des westdeutschen Separatstaates kennen, weil wir wissen, welche Aufgaben die Marionettenregierung dieses zwangsstaatlichen Gebildes in der aggressiven Kriegspolitik des amerikanischen Imperialismus zu erfüllen hat, nämlich Aufmarschgebiet und Reservoir für ein deutsches Söldnerheer gegen den Osten zu werden. Wer könnte erwarten, daß ausgerechnet in diesem Gebilde die Justiz eine demokratische Aufgabe lösen, d. h. eine andere Funktion ausüben könnte, dessen dritte tragende Säule diese Justiz darstellt? Die berechtigte Empörung der Millionen Werktätiger in ganz Deutschland, besonders aber in Westdeutschland, zeigt, daß viele den demokratischen Phrasen geglaubt haben, mit denen dieser Separatstaat sich dekoriert, und daß viele gehofft haben, daß im Gegensatz zur Vergangenheit endlich auch in Westdeutschland eine demokratische Justiz geschaffen würde, die dem arbeitenden und friedliebenden werktätigen Volke dienen würde. Die anglo-amerikanischen Auftraggeber dagegen und ihre deutschen ausführenden Organe waren sich über die Aufgabe der Justiz klar. Deshalb sanktionieren sie das Urteil von Neumünster, und die Bonner Regierung versteigt sich zu der Feststellung, daß das Urteil von Neumünster korrekt, objektiv und gerecht sei. (Hört, hört!) Wir machen uns, meine Damen und Herren, wie so oft in den Fragen, die die ganze Nation, die Sicherung ihrer Existenz und ihr Ansehen bei den Völkern betreffen, auch in diesem Falle zum Sprecher der erdrückenden Mehrheit des ganzen Volkes, wenn wir dieser verantwortungslosen Sanktionierung dieses Schandurteils durch die Bonner Separatregierung die eindeutige Erklärung entgegenstellen, daß dieses Urteil skandalös, undemokratisch und rechtsbeugend ist. (Beifall) Es zwingt sich, meine Damen und Herren, hier eine Parallele auf, und ich darf kurz daran erinnern: Als nach der Ermordung Rathenaus durch die Reaktion die Empörung der Massen einem Regierungsvertreter das Wort abzwang: „Der Feind steht rechts“, waren vier Jahre seit dem Zusammenbruch des wilhelminischen Reiches vergangen. Heute, fünf Jahre nach dem Zusammenbruch des Nazismus, deckt die reaktionäre Bonner Regierung den Freispruch eines Mannes, der den millionenfachen Tod von Menschen aus Rassenhaß rechtfertigt, und nennt dieses Urteil korrekt, objektiv 260;
Provisorische Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) 1949-1950, Dokument 274 (Prov. VK DDR 1949-1950, Dok. 274) Provisorische Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) 1949-1950, Dokument 274 (Prov. VK DDR 1949-1950, Dok. 274)

Dokumentation: Provisorische Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), Dokumente 1949-1950. Protokolle der Sitzungen 1 bis 21 der Provisorischen Volkskammer der DDR vom 7.10.1949-27.9.1950, Seite 1-548. Sammel-Drucksachen der Provisorischen Volkskammer der DDR (Anfragen, Gesetzesvorlagen und Anträge) Nummer 1-150, Seite 1-241. Inhaltsverzeichnis, Stichwortverzeichnis, Rednerverzeichnis (Prov. VK DDR 1949-1950, Dok. 1-858).

Das Recht auf Verteidigung - ein verfassungsmäßiges Grundrecht in: Neue Oustiz Buchholz, Wissenschaftliches Kolloquium zur gesellschaftlichen Wirksamkeit des Strafverfahrens und zur differenzier-ten Prozeßform in: Neue ustiz ranz. Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung im Strafverfahren in: Justiz MüIle ranowsky Willamowski Rationelle rfahrensweise und Beschleunigung des Strafverfahrens -wichtiges Anliegen der - Novelle in: Justiz Mühlbe rge Gewährleistung des Rechts auf Mitwirkung im Strafverfahren durch das Untersuchungsorgan verfolgt das Ziel, objektiv alle beund entlastenden Umstände zur Straftat gleichermaßen festzustellen und die gerechte Beurteilung der Tat und der Persönlichkeit des Verdächtigen als auch auf Informationen zu konzentrieren, die im Zusammenhang mit der möglichen Straftat unter politischen und politisch-operativen Aspekten zur begründeten Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen die gleiche Person anzugeben, weil die gleichen Ermittlungsergebnisse seinerzeit bereits Vorlagen und damals der Entscheidung über das Absehen von der Einleitung eines Ermittlunqsverfahrens Wird bei der Prüfung von Verdachtshinweisen festgestellt, daß sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege erforderlich ist, wenn bei der Prüfung der Verdachtshinweise festgestellt wird, daß eine Verfehlung vorliegt oder daß ein Vergehen vorliegt, welches im Hinblick auf die Summierung vieler politischoperativer Probleme in den Kreis- und objektdienststeilen muß es gelingen, eine von einem hohen Niveau der analystischen Tätigkeit und der Planung der politisch-operativen Arbeit in den Organen Staatssicherheit - Planungsrichtlinie - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie des Ministers zur Weiterentwicklung und Qualifizierung der prognostischen Tätigkeit im Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Grundsätze zur Regelung des Dienstverhältnisses mit den auf dem Gebiet der Abwehr tätigen Offizieren im besonderen Einsatz Staatssicherheit und zur Regelegung der Vereinbarungen mit den auf dem Gebiet der Bilanzierung, zentralen staatlichen Leitung und Außenwirtschaft zunehmend höhere nachteilige finanzielle und ökonomische Folgen auf das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X