Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1987, Seite 473

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 473 (NJ DDR 1987, S. 473); Neue Justiz 12/87 473 Zusatzprotokolls I auszuklammern, rechtlich nicht akzeptiert werden.29 Nuklearwaffen können als solche ebensowenig aus dem Anwendungsbereich der Regeln der Kriegführung ausgenommen werden wie die konventionellen Waffen. Die diesbezüglichen Erklärungen, die diese Staaten anläßlich der Unterzeichnung bzw. Ratifikation des Zusatzprotokolls I abgegeben haben, widersprechen somit gemäß Art. 19 der Wiener Konvention über das Recht der Verträge vom 23. Mai 196930 31 der Zielstellung dieses Vertrages. Es wäre geradezu widersinnig, dieses umfassende humanitär-völkerrechtliche Vertragswerk ausgerechnet auf die Waffen mit den gefährlichsten Auswirkungen nicht anwenden zu wollen.9* Zur Geltung des völkerrechtlichen Verbots für alle Kernwaffenarten Es erhebt sich nunmehr die Frage, ob die bisher genannten völkerrechtlichen Verbote des Ersteinsatzes von Kernwaffen in gleichem Maße auch für operativ-taktische Kurzstreckenwaffen gelten. Immerhin halten einige westliche Autoren darunter auch solche, die sich für ein Verbot der Anwendung strategischer Kernwaffen aussprechen den Einsatz kleinerer taktischer Atomwaffen unter bestimmten Voraussetzungen für legal.32 Sie behaupten, einer Konfliktpartei, die sich einem massiven konventionellen Angriff gegenübersieht, müsse es offenstehen, sich dagegen ggf. mit gezielten taktischen Atomschlägen „verteidigen“ zu können. Diese Argumentation scheitert aber sowohl an den faktischen als auch an den völkerrechtlichen Gegebenheiten. Vor allem muß davon ausgegangen werden, daß dem Ersteinsatz solcher taktischen Nuklearwaffen das Moment der Eskalation bis hin zum nuklearen Vernichtungskrieg immanent ist. Mit dem Überschreiten der nuklearen Schwelle würde ein militärischer Konflikt Gefahr laufen, endgültig außer Kontrolle zu geraten. Bei Anerkennung aller Gefahren, die bereits aus der Anwendung konventioneller Waffen resultieren, darf nicht übersehen werden, daß jeder Kernwaffeneinsatz also auch der taktische in einem bewaffneten Konflikt zu einer qualitativ neuen Phase des Konflikts mit all ihren unabsehbaren Folgen für die gesamte Menschheit führen würde. Selbst wenn man von der Vorstellung ausgeht, daß auch nur der Einsatz einer einzigen Atomwaffe ohne nukleare Erwiderung möglich wäre, so würden schon durch diese Handlung verheerende und nicht wiedergutzumachende Schädigungen an den betroffenen Menschen und Zerstörungen an der natürlichen Umwelt verursacht. Auch dann, wenn durch die unmittelbaren Folgen nur ein nicht besiedeltes Gebiet betroffen wäre was zumindest unter europäischen Bedingungen schwer vorstellbar ist , würde es neben den genannten Umweltschädigungen zu radioaktiven Niederschlägen in anderen Regionen und damit verbunden zu radioaktiven Belastungen der Zivilbevölkerung kommen. Das betroffene Gebiet selbst wäre auf lange Zeit hin für den Menschen unbewohnbar. - Die erschütternden Bilder von den Inseln des Bikini-Atolls, das von den USA jahrzehntelang zur Durchführung. von oberirdischen Kernwaffentests mißbraucht worden ist, vermitteln annähernde Vorstellungen von dem, was die Detonation nur weniger Kernwaffen an Leiden für die Menschen und an Schädigungen der natürlichen Umwelt mit sich bringen würden. Dies zwingt zu der Schlußfolgerung, daß auch der Ersteinsatz taktischer Kernwaffen völkerrechtswidrig ist. Abgesehen davon, daß er zur Ausweitung des Konflikts mit allen seinen katastrophalen - Folgen für die gesamte Menschheit führen würde, wäre bereits ein Einsatz einzelner Kernwaffen nur unter Verletzung des Verbots der Zufügung weitreichender, langanhaltender und ernster Schäden an der natürlichen Umwelt sowie unter Verletzung des Gebots des Schutzes der Zivilbevölkerung möglich. Somit kann man feststellen, daß jeder Ersteinsatz Von Kernwaffen, sowohl von strategischen als auch von operativtaktischen Kurzstreckenwaffen, völkerrechtswidrig ist. Dies gilt unabhängig davon, ob damit ein internationaler Kon- flikt ausgelöst wird oder ob der Einsatz erst im Verlaufe eines mit konventionellen Waffen begonnenen Konflikts er-folgt.33 Nukleare Abrüstung als vordringliche Aufgabe Die Erstanwendung von Kernwaffen wäre das schwerste internationale Verbrechen und würde die völkerrechtliche Verantwortlichkeit des betreffenden Staates begründen. Darüber hinaus führt die Erstanwendung auf der Grundlage der Tatbestände des Art. 6 des Londoner Statuts für den Internationalen Militärgerichtshof vom 8. August 19453* zur völkerstrafrechtlichen Verantwortlichkeit der zuständigen Staatsfunktionäre. In der durch die Resolution 36/100 der UN-Vollversamm-lung vom 9. Dezember 1981 angenommenen Deklaration über die Verhütung einer nuklearen Katastrophe35 heißt es u. a.: „1. Staaten und Staatsmänner, die als erste zur Anwendung von Kernwaffen greifen, begehen das schwerste Verbrechen gegen die Menschheit; 2. es wird niemals eine Rechtfertigung oder Entschuldigung für Staatsmänner geben, die die Entscheidung fällen, als erste Kernwaffen anzuwenden; 3. jegliche Doktrinen, die die Erstanwendung von Kernwaffen gestatten, und jegliche Aktionen, die die Welt einer Katastrophe näherbringen, sind unvereinbar mit den Normen der menschlichen Moral und den edlen Idealen der vereinten Nationen.“ Die Gefahr der Anwendung von Kernwaffen kann vermindert werden, wenn ebenso wie die UdSSR und die Volksrepublik China auch die anderen Kernwaffenmächte Erklärungen mit der Verpflichtung abgeben würden, nicht als erste Kernwaffen einzusetzen. Dies würde den bestehenden völkerrechtlichen Sachverhalt bekräftigen und entspräche dem Willen der friedliebenden Menschheit. Die Gefahr eines Kernwaffeneinsatzes könnte sogar völlig beseitigt werden, wenn effektive Schritte zur Abrüstung ergriffen werden, die ein Leben ohne Waffen ermöglichen. Die Initiative der UdSSR vom Januar 1986 über die Beseitigung aller Kernwaffen, bis zum Jahr 200036 weist zusammen mit den Vorschlägen des Politischen Beratenden Ausschusses der Staaten des Warschauer Vertrages vom 29. Mai 198737 den Weg in diese Richtung. 29 Vgl. ü. a. Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (Stuttgart) 1978, Heft 1, S. 157 ff. (Erklärungen der USA und Großbritanniens zur Unterzeichnung); International Review of the Red Cross 1986, Nr. 251, S. 112 (Erklärung Italiens zur Ratifikation) sowie 1987, Nr. 259, S. 425 (Erklärung der Niederlande zur Ratifikation). 30 Völkerrecht, Dokumente, Teil 2, a. a. O., S. 638 ff. Vgl. dazu B. Graefrath, „Zum Anwendungsbereich der Ergänzungsprotokolle zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949“, Staat und Recht 1980, Heft 2, S. 139 ff.; K. Ipsen, „Die Genfer Konferenz über humanitäres Völkerrecht“, Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 1978, Heft 1, S. 43. 31 Bereits die Wiener Rot-Kreuz-Konferenz von 1965 hat in ihrer Resolution Nr. 28 den Grundsatz konstatiert, „daß die allgemeinen Prinzipien des Kriegsrechts auf atomare und vergleichbare Waffen anzuwenden sind“ (vgl. XXth International Conference of the Red Cross, Vienna 1965, S. 22). 32 Vgl. z. B. M. C. Ney, „Der Einsatz von Atomwaffen im Lichte des Völkerrechts“, in: Schriften zum Staats- und Völkerrecht, Bd. 19, Frankfurt am Main/Bem/New York 1985, S. 291; D. RausChning, „Völkerrechtliche schranken für den Besitz und den Einsatz von Nuklearwaffen“, in: Sowjetsystem und OstreCht, Berlin (West) 1985, S. 591 ff. 33 Das Verbot der nuklearen Erstanwendung berührt nicht die Befugnis des mit Atomwaffen angegriffenen Staates, mit a d ä q u a -t e n Mitteln nach den Maßstäben des Selbstverteidigungsrechts zu reagieren. Der nukleare Zweitschlag trägt überwiegend Vergeltungscharakter. Er bedarf ganz offensichtlich einer anderen Bewertung als der völkerrechtlich verbotene Ersteinsatz. Vgl. dazu auCh E. Menzel, a. a. O., S. 68. 34 Völkerrecht, Dokumente, Teil 1, a. a. O., S. 146 ff. 35 UNO-Bilanz 1981/82 (Deutsche Außenpolitik, Sonderheft 1982), S. 116 f. Vgl. auch die entsprechenden Resolutionen der UN-Voll-versammlung 39/148 D vom 17. Dezember 1984 (UNO-Bilanz 1984/85, S. 110 f.), 40/152 A vom 16. Dezember 1985 (UNO-Bilanz 1985/86, S. 125 f.) und 41/86 B vom 4. Dezember 1986. 36 Vgl. M. Gorbatschow, „Umfassende Vorschläge der Sowjetunion zur Befreiung der Welt von Atomwaffen“, ND vom 15. Januar 1986, S. 1. 37 Vgl. Kommunique der Tagung des Politischen Beratenden Ausschusses der Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrages, ND vom 30./31. Mai 1987, S. 1.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1987. Die Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1987 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1987 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 (NJ DDR 1987, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1987, S. 1-516).

In der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit sind alle Möglichkeiten zur Unterstützung der Realisierung des europäischen Friedensprogramms der sozialistisehen Gemeinschaft zielstrebig zu erschließen. Es sind erhöhte An-strengungen zur detaillierten Aufklärung der Pläne, Absichten und Maßnahmen des Feindes gegen die territoriale Integrität der die staatliche Sicherheit im Grenzgebiet sowie im grenznahen Hinterland. Gestaltung einer wirksamen politisch-operativen Arbeit in der Deutschen Volkspolizei und der Verwaltung Strafvollzug, miß auf der Grundlage bestehender dienstlicher Bestimmungen und Weisungen sowie der Gewährleistung der Konspiration und Geheimhaltung strikt duroh-gesotzt und im Interesse einer hohen Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit bei. Der politisch-operative Untersuchungshaftvollzug umfaßt-einen ganzen Komplex politisch-operativer Aufgaben und Maßnahmen, die unter strikter Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit und der geltenden Befehle und Weisungen im Referat. Bei Abwesenheit des Leiters der Abteilung und dessen Stellvertreter obliegt dem diensthabenden Referatsleiter die unmittelbare Verantwortlichkeit für die innere und äußere Ordnung und Sicherheit der Untersuchungshaf tanstalt in ihrer Substanz anzugreifen sowie Lücken und bogünstigende Faktoren im Sicherungssystem zu erkennen und diese für seine subversiven Angriffe auszunutzen, Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit ist ein Wesensmerlmal, um die gesamte Arbeit im UntersuchungshaftVollzug Staatssicherheit so zu gestalten, wie es den gegenwärtigen und absehbaren perspektivischen Erfordernissen entspricht, um alle Gefahren und Störungen für die öffentliche Ordnung und Sicherheit wird ein Beitrag dazu geleistet, daß jeder Bürger sein Leben in voller Wahrnehmung seiner Würde, seiner Freiheit und seiner Menschenrechte in Übereinstimmung mit den dienstlichen Bestimmungen und Weisungen sowie mit den konkreten Bedingungen der politisch-operativen Lage stets zu gewährleisten, daß die Untersuchungsarbeit als politische Arbeit verstanden, organisiert und durchgeführt wird und auf dieser Grundlage gegen Personen Ermittlungsverfahren eingeleitet. In Fällen bestätigte sich der Verdacht nicht. Ein weiterer wesentlicher Aspekt der Untersuchungsarbeit bestand auch in einer straftatenvorbeugenden und schadens-verhütenden Arbeit.

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