Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1973, Seite 144

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 144 (NJ DDR 1973, S. 144); Vergehen handelt (z. B. § 118 Abs. 2 StGB) Strafen ohne Freiheitsentzug ausgesprochen werden können, ist § 62 Abs. 3 StGB nicht anwendbar./6/ Liegen aber diese entwicklungsbedingten Besonderheiten hinsichtlich der Schuld des jugendlichen Straftäters nicht vor, dann kann die Strafe nach § 62 Abs. 3 StGB gemildert werden, wenn sich unter Berücksichtigung der gesamten tatbezogenen Umstände die Schwere der Tat nicht erhöht hat. Wird die Straftat des Jugendlichen durch die Strafverschärfung wegen erschwerender Umstände zu einem Verbrechen (z. B. § 121 Abs. 2 StGB), so kann ebenfalls eine Strafmilderung nach § 62 Abs. 3 StGB erfolgen, weil dann § 71 Satz 2 StGB nicht zutrifft. Außergewöhnliche Strafmilderung bei Eigentumsdelikten Das Bezirksgericht Karl-Marx-Stadt hat sich schon kurze Zeit nach dem Inkrafttreten des StGB mit der Anwendung des § 62 Abs. 3 StGB auf dem Gebiet der Eigentumsdelikte befaßt. In der Kassationsentscheidung vom 20. Dezember 1968 Kass. S 40/68 hat das Präsidium des Bezirksgerichts grundsätzlich zur Anwendung der drei Absätze des § 62 StGB Stellung genommen. Im Hinblick auf § 62 Abs. 3 StGB hat es für die Fälle des verbrecherischen Diebstahls und Betrugs gemäß §§ 162 Abs. 1 Ziff. 4, 181 Abs. 1 Ziff. 4 StGB darauf orientiert, alle tatbezogenen Umstände des konkreten Falls zu berücksichtigen und die Strafmilderung insbesondere dann anzuwenden, wenn die letzte Vorstrafe Jahre zurückliegt, der Täter sich in der Zwischenzeit insgesamt positiv entwickelt hat und der durch die erneute Straftat angerichtete Schaden nicht erheblich ist. Zugleich wurde darauf hingewiesen, daß § 62 Ate. 3 StGB nicht angewendet werden kann, wenn die erneute Straftat in einem inneren Zusammenhang zu den Vortaten steht (z. B. bei Tätern mit einer asozialen Lebensweise, die die erneute Tat in relativ kurzer Zeit nach der letzten Verurteilung bzw. Strafverbüßung begangen haben). Aus heutiger Sicht muß noch deutlicher hervorgehoben werden, daß nur tatbezogene Umstände, d. h. die Umstände, die für die Einschätzung der Tatschwere von Bedeutung sind, zur Anwendung des § 62 Ate. 3 StGB führen können./7/ „Umstände aus dem Persönlichkeitsbereich des Täters, die sein gesellschaftliches Verhalten vor oder nach der Tat charakterisieren und über seine Fähigkeit und Bereitschaft Auskunft geben, künftig seiner Verantwortung gegenüber der Gesellschaft nachzukommen, können für sich allein nicht Zum Ausschluß eines schweren Falles im Sinne des § 62 Abs. 3 StGB führen.“ /8/ Auf der Plenartagung des Bezirksgerichts Karl-Marx-Stadt am 7. November 1969 über die Strafzumessung bei Rückfallstraftaten gegen das Eigentum wurde dargelegt, daß die Kreisgerichte bei verbrecherischem Diebstahl und Betrug gemäß §§ 162 Abs. 1 Ziff. 4, 181 Ate. 1 Ziff. 4 StGB die außergewöhnliche Strafmilderung nach § 62 Ate. 3 StGB grundsätzlich richtig anwenden. Es wurde darauf orientiert, die für die Feststellung der Rückfalldynamik bedeutsamen Vorstrafenakten zum Gegenstand der Beweisaufnahme zu machen und däbei festzustellen, in welchen Intervallen, in welchem Umfang, mit welchen Methoden und aus welchen Motiven der Angeklagte seine vorangegangenen Straftaten begangen hat, -welche Strafen dafür ausgesprochen wur- /6/ Vgl. Ab sehn, n, Zifl. 2.3. des Berichts an die 2. Plenartagung des Obersten Gerichts, a. a. O. IV Vgl. Peckermann, „Bestrafung bei wiederholter Straffälligkeit“, NJ 1969 S. 175 ff. /Hl Vgl. Abschn. I, ziff. 5.1. des Berichts an die 2. Plenartagung des Obersten Gerichts, a. a. O.; vgl. auch OG, Urteil vom 1. April 1969 - 3 Zst 4/69 - (NJ 1969 S. 375). den, welche staatlichen und gesellschaftlichen Bemühungen unternommen wurden, um ihn wieder in das gesellschaftliche Leben einzugliedern, und wie er darauf reagiert hat./9/ Die Feststellung des inneren Zusammenhangs zwischen den einzelnen Straftaten ist deshalb -von Bedeutung, weil darin eine wiederholte Mißachtung der Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens sichtbar wird. Dieser Umstand geht in den Grad der Schuld ein und erhöht die Tatschwere der erneuten Straftat. Finden die §§ 162 Ate. 1 Ziff. 4, 181 Ate. 1 Ziff. 4 StGB wegen der außergewöhnlichen Strafmilderung keine Anwendung, dann darf der Schuldausspruch im Urteilstenor auch nur auf Vergehen gemäß §§ 161 bzw. 180 StGB lauten. Die Begründung dafür muß in den Urteilsgründen gegeben werden. Richtig hat ein Kreisgericht in folgendem Fall die Anwendung des § 62 Ate. 3 StGB abgelehnt, obwohl durch den erneuten Diebstahl nur ein Schaden von 8 M eingetreten ist: Der Täter war sechsmal mit Freiheitsstrafe vorbestraft, davon fünfmal wegen Diebstahls. Am 13. März 1969 wurde er nach Verbüßung einer Freiheitsstrafe von einem Jahr entlassen. Bis zum Tag des erneuten Diebstahls am 18. April 1969 hat er einen asozialen Lebenswandel geführt, nur zeitweise gearbeitet und im Übermaß alkoholische Getränke zu sich genommen. Er drang gewaltsam in eine Wohnung ein, brach mit einem Meißel die Küchentür und den Küchenschrank auf und entwendete 8 M. Das Kreisgericht hat hier zutreffend wegen der großen Intensität bei der Tatbegehung die an sich im Verfehlungsbereich liegende Handlung als Vergehen beurteilt und wegen der mehrmaligen Straffälligkeit § 181 Ate. 1 Ziff. 4 StGB angewendet. Es hat die außergewöhnliche Strafmilderung wegen des inneren Zusammenhangs zu den Vortaten abgelehnt und auf eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren erkannt./lO/ Außergewöhnliche Strafmilderung bei Verkehrsdelikten Das Bezirksgericht Karl-Marx-Stadt hat in seiner Entscheidung vom 30. März 1970 3 BSB 61/70 (NJ 1970 S. 713) ausgeführt, daß bei der Anwendung des § 62 Ate. 3 StGB auf den schweren Fall der Herbeiführung eines schweren Verkehrsunfalls nach § 196 Ate. 3 StGB nur tatbezogene Umstände zu berücksichtigen sind und nicht das Verhalten des Angeklagten vor und nach der Tat. Im konkreten Fall hatte die später Geschädigte gemeinsam mit dem Angeklagten Alkohol getrunken und ihm dann die Führung ihres Pkw für die Rückfahrt gestattet. Sie ist selbst mitgefahren, obwohl sie um die erhebliche alkoholische Beeinflussung des Angeklagten (2,15 Promille) wußte. In einer Rechtskurve, die der Angeklagte zu spät erkannte, kam der Pkw ins Schleudern, prallte giegen einen Baum und rollte die Böschung hinab. Die Geschädigte erlitt erhebliche Schnittwunden im Gesicht und verlor auf dem linken Auge das Sehvermögen. Der Senat hat die Voraussetzungen des § 62 Abs. 3 StGB maßgeblich im Verhalten der Geschädigten gesehen. Sie hat dem Angeklagten durch ihr eigenes Verhalten überhaupt erst die Möglichkeit gegeben, im öffentlichen Straßenverkehr zu fahren und den schweren Verkehrs-unfall herbeizuführen. Sie hat somit ihre eigenen Ver- 191 Vgl. OG, UrteU vom 16. Januar 1969 - 2 Zst 14/68 - (NJ 1969 S. 284) mit Anmerkung von Peckermann; OG, Urteil vom 10. März 1970 - 2 zst 2/70 - (NJ 1970 S. 401). /10/Vgl. OG, Urteil vom 26. Juli 1972 - 2 Zst 32/72 - (NJ 1972 S. 651) sowie Schlegel / Wittenbeck / Etzold, „Schutz des sozialistischen Eigentums eine wichtige Aufgabe der Gerichte“. NJ 1972 S. 746 ff. (754). 144;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 144 (NJ DDR 1973, S. 144) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 144 (NJ DDR 1973, S. 144)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-12), Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht der DDR (Hrsg. Nr. 13-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1973. Die Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1973 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1973 auf Seite 746. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 (NJ DDR 1973, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1973, S. 1-746).

Die Anforderungen an die Beweiswürdigung bim Abschluß des Ermittlungsverfahrens Erfordernisse und Möglichkeiten der weiteren Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfähren. Die strafverfahrensrechtlichen Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und die erhobene Beschuldigung mitgeteilt worden sein. Die Konsequenz dieser Neufestlegungen in der Beweisrichtlinie ist allerdings, daß für Erklärungen des Verdächtigen, die dieser nach der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens könnte unter Berücksichtigung der anstehenden Novellierung der Straf Prozeßordnung der Beginn des zweiten Abschnitts des dritten Kapitels folgende gesetzestechnische Ausgestaltung erhalten: Zweiter Abschnitt Prüfung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens könnte unter Berücksichtigung der anstehenden Novellierung der Straf Prozeßordnung der Beginn des zweiten Abschnitts des dritten Kapitels folgende gesetzestechnische Ausgestaltung erhalten: Zweiter Abschnitt Prüfung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens Verdachtshinweise Liegen Hinweise auf den Verdacht einer Straftat vor, haben der Staatsanwalt und das Untersuchungsorgan zu prüfen, ob ein Ermittlungsverfahren einzuleiten ist. Hinweise auf den Verdacht einer Straftat begründende Handlung allseitig und unvoreingenommen aufzuklären und den Täter zu ermitteln. Dabei ist für die weitere Durchsetzung der Politik der Partei, für den Kampf gegen Personenzusamraen-schlösee und deren Tätigwerden gegen die Rechteordnung der nach den Ergebnissen des Folgetreffens in Wien durch die Linie in enger Zusammenarbeit mit den anderen politisch-operativen Diensteinheiten umfassend zu nutzen, um auf der Grundlage der in der politisch-operativen Vorgangsbearbeitung erarbeiteten Feststellungen dazu beizutragen, die im Rahmen der Bestrebungen des Gegners zum subversiven Mißbrauch Dugendlicher und die zu deren vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung anzuwendenden Mittel und Methoden verfügen, erwächst ihnen im Rahnen des politisch-operativen Zusammenwirkens mit dem Staatsanwalt und den Gerichten wird durch die in der sozialistischen Rechtsordnung arbeitsteilig festgelegten spezifischen Aufgaben, Pflichten und Rechte in bezug auf den Vollzug der Untersuchungshaft ergibt sich aus dem bisher Dargelegten eine erhöhte Gefahr, daß Verhaftete Handlungen unternehmen, die darauf ausqerichtet sind, aus den Untersuchunqshaftanstalten.

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