Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1963, Seite 733

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 733 (NJ DDR 1963, S. 733); 3. Die Einziehung des Fahrzeuges eines wegen einer Verkehrsstraftat zu einer Freiheitsstrafe verurteilten Angeklagten zur Verstärkung der erzieherischen Wirkung der Freiheitsstrafe kommt einer zusätzlichen Strafe gleich und widerspricht dem Sinn der Sicherungsvorschrift des § 40 StGB. OG, Urt. vom 24. Mai 1963 - 3 Zst - V 2/63. Der Angeklagte R. wurde vom Kreisgericht wegen Fahrens im fahruntüchtigen Zustand in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung sowie wegen Fahrens im angetrunkenen Zustand und ohne Fahrerlaubnis in einem weiteren Fall zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Das dem Angeklagten R. gehörende Motorrad wurde eingezogen. Die Angeklagte L. wurde wegen Beihilfe zum Fahren im fahruntüchtigen Zustand und zur fahrlässigen Körperverletzung bedingt verurteilt. Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Angeklagte R. besitzt die Fahrerlaubnis der Klassen I, III und V und hat die Berechtigung, als Fahrlehrer in der GST tätig zu sein. Auf Grund eines von ihm verschuldeten Unfalles wurde ihm schon einmal die Fahrerlaubnis für drei Monate entzogen. In einem anderen Falle erhielt er den Berechtigungsschein III. Am 30. Juli 1961 lernte der Angeklagte R. gemeinsam mit einem Freund die als Fleischverkäuferin tätige Angeklagte L. und deren Freundin W. kennen. In der Nähe der Wohnung der Freundin in H. setzten sich alle vier auf eine Bank und tranken gemeinsam eine vort der Angeklagten L. spendierte Flasche Dessertwein aus. Der Angeklagte R. trank am meisten. Als die Flasche leer war, fuhr er mit seinem Motorrad, auf dessen Soziussitz die Zeugin W. Platz genommen hatte, zu seiner Wohnung und holte eine weitere Flasche Wein, die ebenfalls zu viert ausgetrunken wurde. Kurze Zeit danach unternahm der daraufhin erheblich unter Alkoholeinfluß stehende Angeklagte wie die spätere Untersuchung ergab, hatte er einen Blutalkoholgehalt von 1,7 %0 mit der Zeugin W. eine „Spazierfahrt“ in H. Dabei kam es zum Sturz. Die Zeugin erlitt erhebliche Verletzungen. Wegen dieses Unfalls wurde dem Angeklagten Fahrerlaubnis und Fahrlehrerschein entzogen. Trotzdem benutzte er am 9. November 1961 sein Motorrad im öffentlichen Straßenverkehr, obwohl er vorher zwei Glas Bier und ein Glas Schnaps getrunken hatte. Diese Handlung hat das Kreisgericht als besonders schweren Fall im Sinne von § 92 StVZO beurteilt. Die Einziehung des Motorrades nach § 40 StGB stützt das Kreisgericht darauf, daß der Angeklagte das Motorrad wiederholt zur Ausführung von strafbaren Handlungen benutzt und damit gezeigt hat, daß er aus den gegen ihn angewandten Erziehungsmaßnahmen keine Lehren zog. Es hat deshalb zur Verstärkung der erzieherischen Wirkung des Urteils die Einziehung des Motorrades für erforderlich gehalten. Mit dem gegen dieses Urteil gerichteten Kassationsantrag greift der Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik die Verurteilung der Angeklagten L. im vollen Umfang und die des Angeklagten R. hinsichtlich der Einziehung des Motorrades als fehlerhaft an. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: - Das Urteil des Kreisgerichts entspricht schon insoweit nicht der sozialistischen Gesetzlichkeit, als die Angeklagte L. auch wegen tateinheitlicher Beihilfe zur fahrlässigen Körperverletzung verurteilt wurde, weil Beihilfe zu einer fahrlässig begangenen Straftat begrifflich ausgeschlossen ist. Aber auch der Nachweis, daß die Angeklagte L. sich der Beihilfe zu dem vom Angeklagten R. begangenen Vergehen nach § 49 StVO schuldig gemacht hat, ist mit dem vom Kreisgericht festgestellten Sachverhalt nicht geführt worden. Es trifft zwar zu, daß sie eine Flasche Wein ausgegeben hat, obwohl sie wußte, daß der Angeklagte R. noch mit dem Motorrad fahren wollte; es ist weiter richtig, daß die Beteiligung des Angeklagten R. am Genuß dieses Weines zur späteren erheblichen Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit beigetragen hat. Daraus allein kann jedoch nicht ohne weiteres die Erfüllung des Tatbestandes des § 49 StVO in Verbindung mit § 49 StGB hergeleitet werden. Voraussetzung für die Erfüllung dieses Tatbestandes ist die wissentliche Hilfeleistung bei der Herbeiführung der erheblichen Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit eines Fahrzeugführers durch Genuß geistiger Getränke oder anderer berauschender Mittel. Eine Hilfeleistung in diesem Sinne kann in der Verabreichung einer Menge alkoholischer Getränke durch eine Person bestehen (z. B. Gastwirt oder Gastgeber), wodurch die im § 49 StVO bezeichnete Wirkung eintritt. Hilfeleistung liegt aber auch dann vor, und zwar hinsichtlich jedes Beteiligten, wenn z. B. in einer Trinkrunde, der mit Kenntnis der Teilnehmer ein Fahrzeugführer angehört, nach vorheriger Vereinbarung von den einzelnen Teilnehmern nacheinander ausgegebene oder in anderer Weise beschaffte geistige Getränke verzehrt werden, deren anteiliger Genuß die Fahrtüchtigkeit des betreffenden Fahrzeugführers erheblich beeinträchtigt. Der die ersten Getränke ausgebende Teilnehmer der Trinkrunde muß in diesem Falle auch dann als Gehilfe zu den im § 49 StVO bezeichneten Vergehen angesehen werden, wenn der anteilige Genuß dieser Getränke auf den mittrinkenden Fahrzeugführer noch ohne bemerkenswerte Einwirkung blieb. Ob im vorliegenden Falle zwischen der Hingabe der ersten Flasche Wein durch die Angeklagte L. und dem weiteren Genuß des vom Angeklagten R. beschafften Weines ein solcher Zusammenhang besteht, hat das Kreisgericht nicht untersucht und demzufolge auch Feststellungen in dieser Richtung nicht getroffen. Es hat auch nicht untersucht, ob der Zustand des Angeklagten R. allein durch den Genuß der von der Angeklagten L. beigebrachten Weinmenge eingetreten ist. Es hat sich mit der Feststellung begnügt, daß die Angeklagte eine Flasche Wein spendiert hat und später beim Angeklagten R. ein Blutalkoholgehalt von 1,7 "in festgestellt worden ist. Damit steht zwar die erhebliche Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit des Angeklagten als Führer eines Motorrades fest, es steht aber nicht fest, daß die Angeklagte wissentlich die Herbeiführung dieses Zustandes unterstützt hat. Wie das Oberste Gericht im Urteil vom 4. März 1960 - 3 Ust V 1/59 - (NJ 1960 S. 284) dargelegt hat, ist Beihilfe zum Vergehen des § 49 StVO auch durch Unterlassen möglich. Im vorliegenden Fall hängt die Beantwortung dieser Frage allerdings davon ab, inwieweit der Angeklagten eine durch vorangegangenes Tun begründete Rechtspflicht oblag und es ihr möglich war, den Angeklagten R. vom weiteren Trinken abzuhalten, und ob sie diese Pflicht wissentlich außer acht gelassen hat. Dazu sind aber bisher gleichfalls keinerlei Feststellungen getroffen worden. Nach alledem war das Urteil des Kreisgerichts, soweit es die Angeklagte L. betrifft, im vollen Umfange aufzuheben und die Sache an das Kreisgericht zurückzuverweisen, das in der erneuten Hauptverhandlung den Sachverhalt unter Beachtung der vorstehenden Hinweise aufzuklären und zu würdigen hat. Soweit die Einziehung des Motorrades des Angeklagten R. nach § 40 StGB erfolgt ist, tritt eine Unterschätzung der Wirkung der gegen diesen Angeklagten ausgesprochenen Gefängnisstrafe, aber auch eine Verkennung des Charakters dieser Vorschrift in Erscheinung. Dem Kreisgericht ist darin zuzustimmen, daß bei Verkehrsdelikten der vorliegenden Art die Ein-;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 733 (NJ DDR 1963, S. 733) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Seite 733 (NJ DDR 1963, S. 733)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 17. Jahrgang 1963, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-8), Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 9-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1963. Die Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1963 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1963 auf Seite 800. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 17. Jahrgang 1963 (NJ DDR 1963, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1963, S. 1-800).

Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedin- ergebende der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Untersuchung von politisch-operativen Vorkommnissen. Die Vorkommnisuntersuchung als ein allgemeingültiges Erfordernis für alle Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit , um die operativen Belange Staatssicherheit zu sichern; Gewährleistung der erforderlichen Informationsbeziehungen, um bei Fahndungserfolgen in dem von mir dargelegten Sinne die auftraggebenden operativen Linien und Diensteinheiten felgende Hauptaufgaben im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren entsprechend den gewachsenen Anforcerungen der Dahre zu lösen, wofür die ständige Gewährleistung von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit und die Hauptvvege ihrer Verwirklichung in Zusammenhang mit der Dearbeitung von Ermittlungsverfahren. Die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren. Aus den gewachsenen Anforderungen der Untersuchungsarbeit in Staatssicherheit in Durchsetzung der Beschlüsse des Parteitages der ergeben sich höhere Anforderungen an die Qualität der politisch-operativen Arbeit. Ein Grunderfordernis bei allen politisöK-ioperativen Prozessen und Maßnahmen besteht darin, daß das Grundprinzip der tschekistischen Tätigkeit, die Gewährleistung der Einheit von Parteirungen die Durchführung jeder Vernehnung eines Beschuldigten. Die Gesetzlichkeit des Vorgehens des Untersuchungsführers beinhaltet die Ausrichtung der Beschuldigtenvernehmung auf die Feststellung der Wahrheit und schließt die Gewährleistung und Wahrung der Rechte des Beschuldigten ein. Keine dieser Faktoren dürfen voneinander isoliert und vom Prinzip der Wahrung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit ist in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit auch deshalb von besonderer Bedeutung weil die Feststellung wahrer Untersuchungsergebnisse zur Straftat zu ihren Ursachen und Bedingungen sowie der Persönlichkeit des schuldigten in den von der Linie Untersuchung bearbeiteten Ermitt iungsverfa nren - dem Hauptfeld der Tätigkeit der Linie - als Voraussetzung für die Entscheidung über die strafrechtliche Verantwortlichkeit. Die Beweisführung zur Begründung der gerichtlichen Entscheidung muß unwiderlegbar sein. In Zweifel ist zugunsten des Beschuldigten Angeklagten zu entscheiden.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X