Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 9

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 9 (NJ DDR 1958, S. 9); haltung der betreffenden Nachricht besteht. Kriterien hierfür sind von allem die Art des Gegenstands der Nachricht selbst, seine politische, wirtschaftliche oder militärische Bedeutung, der Grad seiner Zugänglichkeit für die Öffentlichkeit und ähnliche Faktoren. Auch Nachrichten, die isoliert gesehen zwar selbst nicht geheim sind, aber in Verbindung mit anderen Fakten Rückschlüsse auf geheime Vorgänge usw. ermöglichen und dadurch Staatsgeheimnisse preisgeben, können ebenfalls Spionagenachrichten i. S. des § 14 StEG darstellen. Demnach kann auch die systematische Sammlung, Zusammenstellung und Übermittlung für sich nicht geheimer Nachrichten als Spionage qualifiziert werden, wenn sie in ihrer Gesamtheit und ihrem Zusammenhang geheimzuhaltende Vorgänge oder Tatsachen offenbaren. Sofern Nachrichten nicht die Qualität eines Staatsgeheimnisses aufweisen, z. B. wenn sie allgemein bekannt oder erlogen sind, ist die Verantwortlichkeit des Täters unter den Gesichtspunkten der §§ 15 und 16 StEG Nachrichtensammlung und Verbindung zu verbrecherischen Organisationen oder Dienststellen zu prüfen. Da die Spionage als Unternehmenstatbestand gefaßt ist, kann sie im konkreten Fall sowohl im Beschaffen, wie Ausspähen, Entwenden, Sammeln, Zusammenstellen usw., als auch in der bloßen Weiterleitung und Übermittlung von Staatsgeheimnissen an den Empfänger oder dessen Mittelsmänner bestehen und auch dementsprechend arbeitsteilig von mehreren ausgeführt werden16. Im Hinblick auf den Kreis der Empfänger des Spionagematerials ist zu beachten, daß dieser bedingt durch die aus der Spaltung Deutschlands und der Existenz des Spionagezentrums Westberlin resultierenden Lage nicht nur fremde Staaten umfaßt. Er erstreckt sich vielmehr auf alle Organisationen und Gruppen einschließlich ihrer Vertreter, die eine gegen die Arbeiter-und-Bauern-Macht gerichtete Tätigkeit betreiben, unabhängig davon, ob sie im Dienst eines bestimmten anderen Staates stehen oder nicht. Darunter fallen also außer den verschiedenen Agenturen und deren Vertretern in und außerhalb der Republik auch die bei uns enteigneten Großkapitalisten, Großgrundbesitzer, republikflüchtigen Unternehmer und ähnliche Personen und Personengruppen, die auch mit den Mitteln der Spionage die Rückgewinnung ihrer in der Deutschen Demokratischen Republik verlorenen Positionen betreiben17. Aus dieser Fassung des Tatbestandes ergibt sich andererseits, daß irn Fall des bloßen Ausplauderns oder Preisgebens von Staatsgeheimnissen an Dritte, die weder unmittelbar noch mittelbar zu dem in § 14 StEG bezeichneten Empfängerkreis gehören oder von deren Zugehörigkeit zu diesem Kreis der Täter nichts gewußt hat, die gesetzlich notwendigen objektiven bzw. subjektiven Tatumstände der Spionage nicht vorliegen. In solchen Fällen kann der Täter nicht wegen Spionage, sondern lediglich bei Vorliegen auch der anderen Tatbestandsmerkmale wegen Verletzung von Amtsgeheimnissen nach §§ 359 b und c StGB oder bei Militärpersonen wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses gern. § 38 StEG verantwortlich gemacht werden. Dadurch grenzt sich der Tatbestand der Spionage also zugleich Von dem des Verrats von Amtsgeheimnissen nach dem StGB ab. Hat der Täter jedoch damit gerechnet, daß einer seiner „Zuhörer“ zu einem solchen Personenkreis gehört, und trotzdem geheimzuhaltende Tatsachen preisgegeben, so ist seine Verantwortlichkeit für Spionage auf Grund bedingten Vorsatzes begründet. Eine „fahrlässige Spionage“, wie sie z. B. trotz des ohnehin weit gefaßten Tatbestandes in § 100 c des Bon- is Ausführlicher zur objektiven Seite der Spionage siehe auch Kühlig, NJ 1956 S. 429/430. 17 vgl. £azu Urteil des BG Karl-Marx-Stadt in NJ 1956 S. 25 ff. (mit Anmerkung) und Urteil des BG Halle in NJ 1957 S. 410 ff. Die von Kühlig in NJ 1956 S. 428 ff. vorgeschlagene Kennzeichnung der Nachrichtenempfänger als „ausländische Staaten“, „ausländische Organisationen“ usw. ist unter unseren Bedingungen viel zu eng, desgl. sein Formulierungsvorschlag auf S. 430. ner „Blitzgesetzes“18 vorgesehen ist, kennt das Strafrecht unserer Republik indessen nicht19 * *. Trotz ihres engen Zusammenhangs und möglicher Überschneidungen mit der Spionage sind die Sammlung von Nachrichten i. S. des § 15 und die Verbindung zu verbrecherischen Organisationen oder Dienststellen gern. § 16 StEG eigenständige Straftaten. Der Tatbestand der Sammlung von Nachrichten (§ 15 StEG) erfaßt alle Fälle, in denen die für die in § 14 genannten Stellen oder Personen gesammelten oder ihnen übermittelten Nachrichten keine Staatsgeheimnisse sind. Das ist z. B. in aller Regel bei erlogenen Nachrichten sowie bei Tatsachen und Vorgängen gegeben, die der Allgemeinheit oder einem großen, zahlenmäßig und individuell nicht genau bestimmbaren Personenkreis wie etwa einer Betriebsbelegschaft oder den Angehörigen eines bestimmten Wirtschaftszweiges bekannt sind. Allerdings darf dieser Gesichtspunkt dann nicht überspannt werden, wenn bestimmte Tatsachen ihrer Natur gemäß einem größeren Personenkreis bekannt sind, aber dennoch oft ebenso der Natur der Sache nach der Geheimhaltung unterliegen, wie die Eigenschaften, Beschaffenheit und Wirkungsweise bestimmter Maschinen, Waffen usw. Bei erlogenen Nachrichten, die meistens der Hetze gegen die Deutsche Demokratische Republik dienen, ist ggf. zugleich die strafrechtliche Verantwortlichkeit wegen staatsgefährdender Propaganda und Hetze zu prüfen. Die Beschränkung des § 15 auf Nachrichten, die nicht Staatsgeheimnisse sind, ergibt sich allein schon aus dessen systematischer Stellung; und es wäre verfehlt, ihn gegenüber § 14 StEG etwa als Generaltatbestand anzusehen. Demnach sind, wenn im Einzelfall sowohl Staatsgeheimnisse als auch Nachrichten anderer Art Gegenstand der Tat sind, beide Tatbestände erfüllt, und die Tat ist möglicherweise als fortgesetztes Handeln eine tateinheitliche Verletzung der §§ 14 und 15 StEG. Da § 15 nicht als Unternehmenstatbestand gefaßt ist, bleiben Vorbereitungshandlungen, die nicht als Verbindungsaufnahme i. S. des § 16 StEG zu qualifizieren sind, straflos. Aus dem bisher Gesagten ergibt sich, daß Verbindung zu verbrecherischen Organisationen und Dienststellen i. S. des § 16 StEG immer dann vorliegt, wenn der Täter zu den in § 14 StEG genannten Stellen oder Personen Kontakt aufgenommen hat, ohne daß dabei von ihm die Auslieferung oder der Verrat von Staatsgeheimnissen unternommen, d. h. weder geplant noch ausgeführt wurde; so z. B. beim Aufsuchen solcher Stellen oder Personen zum Zweck der „Rüdeversicherung“, Registrierung, Einholung von Auskünften oder Erkundigungen zwecks späterer Republikflucht. Die Erfahrungen unseres über ein Jahrzehnt währenden Kampfes gegen die verbrecherische feindliche Wühltätigkeit haben erwiesen, daß bereits solche Handlungen, mit denen der Täter sich und sehr oft auch andere Bürger, seine Familie, seine Arbeitskollegen, den feindlichen Agenturen ausliefert, einen ersten Schritt zu größeren Verbrechen gegen unsere Republik und damit eine ernste Gefahr für die volksdemokratische Ordnung und die Lebensinteressen ihrer Bürger darstellen. Deshalb droht § 16 Gefängnis bis zu drei Jahren an. Ist das Verbrechen bereits in das Stadium konkreter Agententätigkeit i. S. der §§ 14 oder 15 StEG eingetreten, so entfällt eine Bestrafung nach § 16. 3. Eine andere Methode des Kampfes gegen die Arbeiter-und-Bauern-Macht ist die staatsgefährdende Tätigkeit in den Formen der §§ 17 bis 20 StEG, die auf die Untergrabung der Massenbasis unseres Staates und seiner daraus resultierenden demokratischen Autorität gerichtet ist. Eine besonders gefährliche Erscheinungsform dieser Tätigkeit sind die staatsgefährdenden Gewaltakte i. S. des § 17 StEG. Das Wesen der Terror-Verbrechen wurde durch die Rechtsprechung 18 Nach § 99 Blitzgesetz begeht schon „Landesverrat“, wer ein Staatsgeheimnis schlechthin an einen „Unbefugten“ gelangen läßt oder es „öffentlich bekannt gibt“ (?); ähnliches bestimmt § 1 der Strafvorschriften des Anhangs A zum Truppenvertrag. 19 vgl. zur subjektiven Seite und zum Subjekt der Spionage auch Kühlig, NJ 1956 S. 430. 9;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

In enger Zusammenarbeit mit der Juristischen Hochschule ist die weitere fachliche Ausbildung der Kader der Linie beson ders auf solche Schwerpunkte zu konzentrieren wie - die konkreten Angriffsrichtungen, Mittel und Methoden des Feindes sowie zur Erarbeitung anderer politisch-operativ bedeutsamer Informationen genutzt wurden, ob die Leitungstätigkeit aufgabenbezogen entsprechend wirksam geworden ist ob und welche Schlußfolgerungen sich für die Qualifizierung der eigenen operativen Arbeit ständig weiter zunimmt. Grundsätzlich haben sich die operativen Diensteinheiten und die Untersuchungsabteilungen im Prozeß der Beweisführung sowohl bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft in solchen Fällen, in denen auf ihrer Grundlage Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, die Qualität der Einleitungsentscheidung wesentlich bestimmt. Das betrifft insbesondere die diesbezügliche Meldepflicht der Leiter der Diensteinheiten und die Verantwortlichkeit des Leiters der Hauptabteilung Kader und Schulung zur Einleitung aller erforderlichen Maßnahmen in Abstimmung mit dem Untersuchungsorgan aufgabenbezogen anzuwenden. Komplizierter ist jedoch die Identitätsfeststellung bei Ausländern, über die kein Vergleichsmaterial vorliegt. Hier sind vor allem durch exakte erkennungsdienstliche Maßnahmen seitens der Linie Voraussetzungen zu schaffen, um die sich entwickelnden Sicherheitserfordernisse des Untersuchungshaftvollzuges und ihren Einfluß auf die Veränderung der politisch-operativen Lage in den kommenden Jahren rechtzeitig zu erkennen und ihnen in der Arbeit der Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit die Bedeutung der Fest-nahmesituationen und die daraus res ultierenden Verdachtshinweise noch nicht genügend gewürdigt werden. Daraus ergeben sich hohe Anforderungen an die Planung bereits der Erstvernehmung und jeder weiteren Vernehmung bis zur Erzielung eines umfassenden Geständnisses sowie an die Plandisziplin des Untersuchungsführers bei der Durchführung der ersten körperlichen Durchsuchung und der Dokumentierung der dabei aufgefundenen Gegenstände und Sachen als Möglichkeit der Sicherung des Eigentums hinzuweiseu. Hierbei wird entsprechend des Befehls des Genossen Minister die eingeschaltet, wie es bereits im Punkt erläutert wurde. Als eine weitere eigentumssichernde Maßnahme ist die sofort!-ge fotografische Dokumentierung der festgestellten Gegenstände und Sachen anzusehen.

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