Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 775

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 775 (NJ DDR 1956, S. 775); Einige Fragen der Verhaftung und vorläufigen Festnahme Von HANS NEUMANN, Oberinstrukteur bei der Justizverwaltungsstelle des Bezirks Karl-Marx-Stadt Bei unseren Erörterungen der Probleme der Verhaftung und der vorläufigen Festnahme1) geht es um die weitere Stärkung unserer Gesetzlichkeit, um eine noch bessere Gewährleistung des durch Artikel 8 der Verfassung der DDR garantierten Grundrechts der persönlichen Freiheit; es kommt darauf an, auch die geringste Schwächung unserer Gesetzlichkeit zu vermeiden. In diesem Bemühen zeichnen sich bereits die ersten Erfolge ab. Wurde früher von der Möglichkeit der vorläufigen Festnahme gegenüber der Verhaftung die Ausnahme, wie sich schon aus der Systematik des Gesetzes ergibt nicht immer nur bei Gefahr im Verzüge Gebrauch gemacht, so ist heute die Zahl der vorläufigen Festnahmen im Abnehmen begriffen. Immer mehr setzt sich die von Melsheimer erhobene Forderung durch, „erst zu ermitteln“1 2), und dann zu prüfen, ob eiö Haftbefehl zu beantragen und zu erlassen ist. Die sich aus voreiligen Festnahmen ergebenden Gefahren einer ungerechtfertigten Einschränkung der persönlichen Freiheit werden damit beseitigt. Für eine uneingeschränkte Garantie des Rechtes der persönlichen Freiheit kommt der Prüfung der Haftgründe des § 141 StPO ist der Beschuldigte einer strafbaren Handlung dringend verdächtig und liegt Verdunklungs- oder Fluchtgefahr vor entscheidende Bedeutung zu. Diese allseitige Prüfung muß unmittelbar ihren Niederschlag im Haftbefehl finden. Es genügt nicht, wie wiederholt beobachtet werden konnte, den Haftgrund in die abstrakten Worte des Gesetzestextes zu kleiden. Abgesehen davon, daß dadurch auch das Recht des Beschuldigten auf Verteidigung beeinträchtigt wird, dieser kann zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen nicht konkret Stellung nehmen (§ 144 StPO), er kann sein Beschwerderecht (§ 145 StPO) nicht in sachgemäßer Weise ausüben läßt eine solche formale Begründung oftmals auch den Eindruck entstehen, als ob diese in das Leben des Betroffenen und seiner Angehörigen tief einschneidende Entscheidung nicht mit der gebotenen Sorgfalt getroffen wurde. Stets sind daher eine möglichst genaue Bezeichnung der Tat, deren der Beschuldigte dringend verdächtig ist, sowie die Tatsachen, aus denen Fluchtverdacht oder Verdunklungsgefahr hergeleitet wird, anzugeben. Besonders verdient in diesem Zusammenhang § 141 Abs. 3 Ziff. 1 StPO erwähnt zu werden. Aus seiner Fassung kann nicht schematisch abgeleitet werden, daß bei einem den Gegenstand des Verfahrens bildenden Verbrechen, das mit einer Freiheitsentziehung von mehr als zwei Jahren bedroht ist, „Fluchtverdacht gesetzlich begründet sei“. Mit Recht weist Herrmann darauf hin, daß aus dieser Bestimmung „nur geschluß-folgert werden kann, daß Fluchtverdacht bei schweren Verbrechen nahe liegt“3 4). Trotzdem ist auch in solchen, wie überhaupt in allen Fällen, zu prüfen, ob tatsächlich Fluchtverdacht besteht, wobei nicht von der abstrakten Strafandrohung, sondern von der konkret zu erwartenden Strafe auszugehen ist. Diese Argumentation ist nicht, wie verschiedentlich behauptet wurde, nur schwer aus dem Gesetz zu entnehmen; sie ist keine gezwungene Auslegung des Gesetzes. Interessant ist dabei, daß auch früher die bürgerliche Wissenschaft zu § 112 Abs. 2 StPO (alt) einen, wenn auch in der Begründung abweichenden, so doch im Ergebnis ähnlichen Standpunkt vertrat*). Während man zum Teil in § 112 Abs. 2 StPO (alt) lediglich eine Erleichterung der schriftlichen Begründung des Haftbefehls erblickte, vermutete zwar die herrschende Lehre bei einem den Gegenstand der Untersuchung bildenden Verbrechen Fluchtverdacht, diese Vermutung war jedoch jederzeit widerlegbar, wobei stets zu prüfen war, ob die An- 1) Vgl. NJ 1956 S. 184, S. 259, S. 261. ,2) vgl. NJ 1956 S. 226. 3) vgl. NJ 1956 S. 392 ff. 4) vgl. Loewe-Hellwlg-Rosenberg, stPO-Kommentar, 19. Aufl., zu § 112 StPO (alt). Ordnung der Untersuchungshaft in einem vernünftigen Verhältnis zur Schwere der Straftat stand. Durch richtige Anwendung des § 141 StPO, der nur in Ausnahmefällen eine Einschränkung der persönlichen Freiheit gestattet, wird ein weitestgehender Schutz der Rechte der Bürger im Strafprozeß gewährt. Eine Änderung der Fassung des § 141 StPO ist deshalb nicht erforderlich. Auch die zuweilen erhobene Forderung nach einer Gesetzesänderung, durch welche weitere Haftgründe eingeführt werden, erscheint nicht berechtigt; sie würde nicht zur Stärkung der Rechte der Bürger und zur Festigung der Gesetzlichkeit, sondern zu deren Beeinträchtigung und Schwächung führen. Nur zu unrühmlich sind noch die von den faschistischen Machthabern eingeführten erweiterten Haftgründe in Erinnerung Sicherung vor neuen Verbrechen, Untragbarkeit der Belassung der Freiheit mit Rücksicht auf die Schwere der Tat und die durch sie hervorgerufene Erregung durch welche unter dem Deckmantel des Rechts die Voraussetzung für eine Vielzahl ungerechtfertigter Inhaftnahmen, man denke nur an die sog. Schutzhaft' geschaffen wurde. Deshalb sollte man auch solche Vorschläge ablehnen, die dahin gehen, erweiterte Haftgründe für Landstreicher und Prostituierte zu schaffen, die sich zwar über ihre Person ausweisen können, aber wegen ihrer Lebensweise fluchtverdächtig sind. Diese Personen werden infolge der ökonomischen und sozialen Veränderungen in der DDR ohnehin immer seltener, und nicht das Strafrecht ist ihnen gegenüber das geeignetste Erziehungsmittel. Eine wirkliche Bekämpfung solcher kapitalistischer Resterscheinungen kann nur durch umfassende soziale Maßnahmen, nicht aber durch eine Haftstrafe bis zu sechs Wochen erreicht werden. Abzulehnen ist weiter auch die Erweiterung der Haftgründe zum Zwecke der Sicherung der Strafvollstreckung. Nach § 148 Abs. 1 StPO ist der Haftbefehl aufzuheben, wenn die Voraussetzungen der Untersuchungshaft nicht mehr vorliegen. Dies gilt auch dann, wenn nach Verurteilung in 1. Instanz nur noch eine kurze Reststrafe zu verbüßen ist. Um aber möglichst zu vermeiden, daß der Verurteilte in solchen Fällen zunächst zwar aus der Untersuchungshaft entlassen, dann aber nach einiger Zeit zum Zwecke der Strafvollstreckung aus einer inzwischen aufgenommenen Arbeit wieder herausgerissen wird, werden sich Gericht und Staatsanwalt schon im Zeitpunkt der Urteilsverkündung darüber im klaren sein müssen, ob die Strafe restlos zu vollstrecken ist oder nicht. Wird die restlose Strafverbüßung für erforderlich gehalten, so ist mit Eintritt der Rechtskraft sofort die Vollstreckung anzuordnen, andernfalls ist durch bedingte Verurteilung oder bedingte Strafaussetzung alsbald Klarheit über die künftige Gestaltung der Lebensverhältnisse des Verurteilten zu schaffen. Bei der Aufhebung des Haftbefehls oder bei der Ablehnung des Erlasses eines Haftbefehls nach vorläufiger Festnahme entsteht die Frage, ob im Falle einer hiergegen eingelegten Beschwerde der Staatsanwalt den Beschuldigten erneut festnehmen lassen kann. § 123 Abs. 2 StPO (alt) bestimmte in solchen Fällen ausdrücklich, daß durch die Einlegung eines Rechtsmittels die Freilassung des Angeschuldigten nicht verzögert werden darf. Diese Bestimmung bereitete schon früher der Praxis außerordentlich große Schwierigkeiten, die man zum Teil dadurch zu überwinden suchte, daß man eine erneute Festnahme zumindest bei Änderung der Haftgründe oder bei Bekanntwerden neuer Tatsachen und Beweismittel für zulässig erklärte. In der Strafprozeßordnung vom 2. Oktober 1952 ist dieses Problem durch § 148 Abs. 2 insoweit gelöst, als hier das Recht des Staatsanwalts zur erneuten vorläufigen Festnahme geregelt ist, allerdings nur, wenn er gegen ein freisprechendes Urteil binnen 24 Stunden Protest einlegt und zugleich beim Rechtsmittelgericht einen neuen Haftbefehl beantragt. 775;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 775 (NJ DDR 1956, S. 775) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 775 (NJ DDR 1956, S. 775)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

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