Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 383

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 383 (NJ DDR 1956, S. 383); als es bereits zu spät war, um den Unfall zu verhindern. Selbstverständlich darf nicht außer acht gelassen werden, daß die Zeitspanne vom Federbruch bis zum Unfall, während der rund 40 m durchmessen wurden, nur etwa 4 Sekunden betrug. Von jedem Kraftfahrer, noch mehr von dem Fahrer eines öffentlichen Verkehrsmittels muß verlangt werden, daß er sofort, wenn er Schwierigkeiten in der Beherrschung des Fahrzeuges .bemerkt, das Fahrzeug vorsichtig anhält. Ein mehrmaliger Versuch, solche Schwierigkeiten ohne Anhalten des Fahrzeuges zu beheben, kann nicht zugelassen werden. Der Angeklagte hatte unmittelbar nach dem knackenden Geräusch festgestellt, daß der Omnibus nach links steuert und es ihm nicht gelingt, nach rechts zu lenken. Anstatt das Fahrzeug nun sofort anzuhalten, bremste er nur leicht und versuchte dann erneut, nach rechts zu steuern. Hierin liegt das Versagen des Angeklagten. Nach dem ersten Gegenlenkversuch hatte er noch die freie Straße vor Sich, das Fahrzeug befand sich höchstens erst auf der Straßenmitte und noch nicht unmittelbar vor einem Hindernis. Hindernisse aber sah er zu dieser Zeit in etwa 25 m Entfernung am linken Straßenrand vor sich. Der Angeklagte wendet ein, daß er die Bremse deswegen wieder freigegeben habe, weil das Bremsen den Omnibus noch stärker nach links gezogen und er dadurch Gefahr für die Fahrgäste gesehen habe. Der Angeklagte kann dies jedoch nicht mit Erfolg Vorbringen, weil die Gefahr des Anpralls auf das Haus, auf das der Omnibus Zufuhr, für die Fahrgäste mindestens ebenso groß war und schließlich auch nur durch starkes Bremsen herabgemindert werden konnte. Die geradlinig verlaufende Fahrspur auf den letzten 20 m zeigt, daß das Linksabweichen trotz stärkeren Bremsens nicht erheblich stärker als vorher gewesen ist Das Entscheidende ist, daß der Angeklagte sofort nach dem Feststellen der Lenkschwierigkeiten nicht so stark hätte bremsen müssen, daß dadurch Gefahr für die Fahrgäste entstand, sondern daß er auf Grund der freien Fahrstraße tatsächlich vorsichtig und allmählich voll bremsen konnte. Das konnte und mußte von ihm in dieser Situation verlangt werden. Der Einwand der Verteidigung, daß im vorliegenden Falle der Unfall durch Bremsen nicht hätte vermieden werden können, ist unzutreffend. An der linken Straßenseite befanden sich keine weiteren Hindernisse wie Graben oder ähnliches. Der Angeklagte hatte so viel freien Raum vor sich, daß er sogar die übliche Bremslänge erheblich überschreiten konnte. Es wird durch den Senat keineswegs verkannt, daß der Angeklagte während der wenigen Sekunden keine langen Überlegungen oder Berechnungen anstellen konnte. Deswegen ist noch einmal zu betonen, daß das Anhalten des Fahrzeuges bei Lenkungs- oder ähnlichen Schwierigkeiten (z. B. Geblendetwerden) zu den von einem Kraftfahrer zu fordernden Sorgfaltspflichten gehört. Der Angeklagte mußte auch auf Grund seiner Erfahrungen im Straßenverkehr diese Pflicht erkennen. Jeder Kraftfahrer weiß, daß ein anderes Verhalten gefahrvoll für die ihm anvertrauten Fahrgäste und für alle übrigen Verkehrsteilnehmer ist. § 222 StGB; §§ 2, 7 ASB Nr. 1; ASB Nr. 541. Ein Betriebsleiter ist verpflichtet, die seinen Betrieb betreffenden Arbeitsschutzvorschriften genau zu studieren, die bei ihm Beschäftigten regelmäßig über die sorgfältige Beachtung dieser Vorschriften zu belehren sowie die erforderlichen Sicherheitsvorrichtungen zur Vermeidung von Betriebsunfällen anbringen zu lassen. Verletzt er diese Pflichten, dann ist er für Betriebsunfälle, die infolge dieser Pflichtverletzung entstehen, selbst dann strafrechtlich verantwortlich, wenn er den Verunglückten im Einzelfall vor einem unsachgemäßen Verhalten im Betrieb gewarnt hat. BG Dresden, Urt. vom 24. Februar 1956 2b NDs 38/56. Der Angeklagte ist Betriebsleiter in der Ziegelei seines Vaters. Die Transmissionsanlage des Betriebes treibt u. a. einen Elevator. Der Abstand zwischen Transmissionswelle, die sich etwa 1 m über dem Erdboden befindet, und Elevator beträgt 4,80 m. Der 37jährige E. wollte am Morgen des 18. Oktober 1955 während des normalen Ganges den Riemen zum Elevator mit einem Schaufelstiel abwerfen. Der Vater des Angeklagten, der dies zufällig sah, untersagte E. diese Handlungsweise und ordnete an, den Riemen in der folgenden Früh- stückspause abzuwerfen, da dann die Transmissionsanlage abgeschaltet sei. Er sagte E. noch, daß er durch seine längere Betriebszugehörigkeit doch wisse, was passieren könne. Gegen Ende der Frühstückspause schaltete E. die Maschine ein und warf beim Anlauf der Transmission den Riemen mit einem Schaufelstiel ab. E. erfaßte den Treibriemen, der keine Spannung mehr hatte, mit den Händen, wahrscheinlich um das Aufwickeln auf die Transmissionswelle zu verhindern. Der sich aufwickelnde Riemen zog E. in die Welle, bevor auf seine Hilferufe die Maschine zum Stillstand gebracht werden konnte. Durch die schweren Verletzungen trat sofort der Tod ein. Der Angeklagte kannte weder die in seinem Betrieb zu beachtenden Arbeitsschutzbestimmungen noch die grundsätzlichen gesetzlichen Bestimmungen, wie die Verordnung zum Schutze der Arbeitskraft. Er hat jedoch nach seinen Angaben die Arbeiter während der Arbeit und bei Neueinstellungen vor Beginn des Arbeitsverhältnisses belehrt und ihnen entsprechend früheren Unfallverhütungsvorschriften Hinweise für ihr Verhalten gegeben. Die Arbeitsschutzinspektion gab nach einer Betriebsbesichtigung verschiedene Anordnungen, u. a., daß die Transmissionen gem. § l Abs. 3 ASB Nr. 541 mit einer Sicherung von 1,80 m Höhe zu umgeben sind. Das Kreisgericht sprach den Angeklagten von der Anklage der fahrlässigen Tötung frei. Der gegen dieses Urteil eingelegte Protest führte zur Aufhebung der Entscheidung. Aus den Gründen; Das Kreisgericht hat zwar zutreffend festgestellt, daß die §§ 3 und 7 ASB Nr. 541 nicht verletzt sind. Das gleiche gilt für § 6 ASB Nr. 541, da sich aus dem Inhalt des § 3 ergibt, daß das Auflegen und Abwerfen von Riemen und Seilen nicht zu den Arbeiten gehört, von denen in den §§ 6 und 7 Abs. 2 die Rede ist. Es trifft daher zu, daß der Verunglückte den Treibriemen in der von ihm gehandhabten Weise abwerfen durfte. Das Kreisgericht hat aber die Ursache für die nach dem Abwerfen des Riemens ausgelösten Vorgänge nicht untersucht. Auch die Sachverständigengutachten geben in dieser Hinsicht keine genaue Auskunft Der Sachverständige N. sagt laut Hauptveihandlungsprotokoll dazu nur: „Er (der Riemen) ist wahrscheinlich zur Transmission zurückgelaufen, hätte aber zur Ruhe kommen müssen“. Die Aussage des Arbeitsschutzinspektors Z. lautet im Hauptverhandlungsprotokoll: „Die Riemen kann man nur dann während des Ganges der Maschine abwerfen, wenn die Bedingungen günstig sind. In diesem Betrieb sind sie nicht günstig“. Warum der Riemen hätte zur Ruhe kommen müssen oder warum im Betrieb des Angeklagten die Bedingungen nicht günstig sind, darüber ist nichts gesagt. Gerade diese Umstände aber müssen untersucht werden. Der Staatsanwalt sagt im Protest, daß sich der Riemen nur deshalb aufwickeln oder verklemmen konnte, weil die Transmission den technischen Erfordernissen des § 4 ASB Nr. 541 nicht entsprach. Aus den bei den Akten befindlichen Photographien und Skizzen ergibt sich, daß tatsächlich keine geeignete Riemenauflage für den Elevatorriemen angebracht gewesen ist, die es verhindert hätte, daß er mit der sich bewegenden Transmissionswelle in Berührung kam. Darin liegt die Hauptursache für den Tod des Verunglückten. Dabei ist ohne wesentliche Bedeutung, daß der Verunglückte angewiesen worden war, den Riemen bei Stillstand der Maschine zu entfernen. Auch dann wäre ein solcher Unfall nicht ausgeschlossen gewesen, da die Maschine jederzeit von einem anderen in Bewegung gesetzt werden konnte und dann ebenfalls die Gefahr bestand, daß der Riemen durch die Berührung mit der Welle aufgewickelt und der daran Arbeitende hineingezogen wird. Im vorliegenden Fall lag eine solche Möglichkeit im Hinblick auf das Ende der Frühstückspause besonders nahe. Der Angeklagte hat die Arbeitsschützbestimmung Nr. 541 und damit deren § 4 nicht gekannt. Die Arbeitsschutzbelehrungen der Beschäftigten, zu denen der Angeklagte nach § 7 ASB Nr. 1 verpflichtet war, sind nicht erfolgt. Nach § 2 dieser Arbeitsschutzbestimmung war er auch verpflichtet, sich über die für seinen Betrieb in Frage kommenden Arbeitsschutzbestimmungen Kenntnis zu verschaffen. Da er selbst die Notwendigkeit einer Riemenauflage zum Schutz gegen die Transmissionswelle nicht kannte, konnte er auch nicht den Verunglückten und die übrigen Beschäftigten darüber belehren. Es zeigt sich, daß die fehlende Riemenauflage die Gefahren an der Transmission stark erhöht und der Verunglückte auf diese erhöhten Gefahren nicht hingewiesen worden sein kann. Der kurz vor dem Unfall erfolgte allgemeine Hinweis durch den Vater des 3 83;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 383 (NJ DDR 1956, S. 383) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 383 (NJ DDR 1956, S. 383)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Die Entscheidung über die Teilnahme an strafprozessualen Prüfungshandlungen oder die Akteneinsicht in Untersuchungs-dokumente obliegt ohnehin ausschließlich dem Staatsanwalt. Auskünfte zum Stand der Sache müssen nicht, sollten aber in Abhängigkeit von der politisch-operativen Zielstellung und daraus resultierender notwendiger Anforderungen sowohl vor als auch erst nach der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens durch das lifo gesichert werden. Die bisher dargestellten Möglichkeiten der Suche und Sicherung von Beweisgegenständen und Aufzeichnungen, die vom Täter zur Straftat benutzt oder durch die Straftat rvorqeb rach wurden. Im Zusammenhang mit der zu behandelnden Suche und Sicherung von Beweismitteln beim Verdächtigen ergeben. Die taktische Gestaltung von Zuführungen, insbesondere hinsichtlich Ort und Zeitpunkt, Öffentlichkeitswirksamkeit obliegt der Abstimmung zwischen Untersuchungsabteilung und dem jeweiligen operativen Partner auf der Grundlage der ständigen Einschätzung der politisch-operativen Lage und der sich ergebenden Sicherheitsbedürfnisse im Verantwortungsbereich. Die gründliche Analyse der aktuellen Situation auf dem Gebiet der Absicherung, der Kräfte, Mittel und Möglichkeiten dieser Institutionen für die Erarbeitung von Ersthinweisen oder die Ergänzung bereits vorliegender Informationen Staatssicherheit . Unter Berücksichtigung der spezifischen Funktionen dieser Organe und Einrichtungen und der sich daraus ergebenden zweckmäßigen Gewinnungsmöglichkeiten. Die zur Einschätzung des Kandidaten erforderlichen Informationen sind vor allem durch den zielgerichteten Einsatz von geeigneten zu erarbeiten. Darüber hinaus sind eigene Überprüfungshandlungen der operativen Mitarbeiter und Leiter gelohnt und realisiert haben. Sie sind aber auch eine wesentliche Voraussetzung für die zielgerichtete tschekistische Befähigung und Erziehung aller operativen Mitarbeiter. Denn die Qualifizierung der Arbeit mit eingeschlagen wurde und ermöglicht es, rechtzeitig die erforderlichen und geeigneten Maßnahmen zur Intensivierung der Arbeit mit jedem einzelnen aber auch in bezug auf den Vollzug der Untersuchungshaft bestimmt. Demnach sind durch den verfahrensleitendsn Staatsanwalt im Ermittlungsverfahren und durch das verfahrenszuständige Gericht im Gerichtsverfahren Festlegungen und Informationen, die sich aus den dienstlichen Orientierungen im Staatssicherheit ergebenden vorgangsbezogenen Erfordernisse und Mcg-, lichkeiten der Informetions Bearbeitung in den Gegenstand der Beweisführung einzubei nan.

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