Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 185

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 185 (NJ DDR 1956, S. 185); eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nicht. Verwandelt man das Institut der Klagerücknahme in eine allgemeine „Vergleicherei“ oder läßt man einen ungesetzlichen Vergleich zu, dann kommt man wie das beim Kreisgericht Bitterfeld geschah zu der seltsamen Konsequenz, daß z. B. eine Beleidigung wie „Verbrecher und Polakenschwein“ (2 Bs 220/55) oder eine Bezichtigung der Abtreibung (2 Bs 223/55), also Angriffe auf die Ehre, deren Gesellschaftsgefährlichkeit bestimmt nicht ganz gering ist und deren Vorliegen durch den Verlauf der Hauptverhandlung erwiesen wurde, durch „Klagerücknahme“ erledigt werden. Das Kreisgericht Bitterfeld, das das Unzulängliche einer solchen Praxis fühlte, hat dies z. B. im Verfahren 2 Bs 265/55 durch folgende Auflage zu überwinden versucht: „Nachdem der Vergleich abgeschlossen ist, wird mit dem als Zeugen anwesenden Bürgermeister über die Wohnverhältnisse der Familie F. gesprochen und ihm nahegelegt, dafür zu sorgen, daß die Beschuldigte baldigst eine andere Wohnung erhält.“ Es ist offensichtlich, daß man dem Urteil ausweichen wollte eine Praxis, die entschieden abzulehnen ist. Mit der Eröffnung des Hauptverfahrens wird eine Handlung für gesellschaftsgefährlich und strafbar erklärt. Es kann also keinen Vergleich mehr geben, sondern nur die Entscheidung des Gerichts, denn über eine gesellschaftsgefährliche Handlung kann man sich nicht vergleichen. Nur eine verurteilende oder freisprechende gerichtliche Entscheidung wird dem Wesen und der Bedeutung des Privatklageverfahrens, seiner erzieherischen Aufgabe und der Autorität des Gerichts gerecht. Es ist Neumann natürlich darin beizustimmen, daß es in vielen Fällen erfolgreicher ist, den Streit der Parteien im gütlichen Wege zu schlichten. Das ist aber Aufgabe der eigens zu diesem Zweck geschaffenen Sühnestellen. (Nebenbei: die Bezeichnung ist m. E. unzutreffend.) Den in den Aufgabenbereich des Schieds-manns fallenden Vergleich in das Strafverfahren zu verlegen, hieße, die Schiedsmänner überflüssig machen oder ihre Tätigkeit degradieren. Die Schiedsmänner %iüssen aber gerade durch gute Anleitung zur Lösung dieser Aufgaben befähigt werden. 2. Man muß auch die Meinung Neumanns ablehnen, wonach in Ausnahmefällen die Widerklage nach mehr als sechs Monaten seit der Beleidigung zulässig sein soll. Die im § 245 StPO enthaltene Ausschlußfrist geht richtigerweise davon aus, daß Beleidigungen, die länger als sechs Monate zurück liegen, nicht mehr im Wege der Privatklage verfolgt werden können. Solche alten Streitigkeiten sollen nicht wieder neu ins Rollen gebracht werden. Das muß auch für die Widerklage gel-en, da sonst der Rechtsunsicherheit Tür und Tor geöffnet wird. 3. Neumanns Auffassung über die Einstellung des Privatklageverfahrens und die Rückgabe an den Staatsanwalt nach § 252 StPO kann ebenfalls nicht geteilt werden. Die Auffassung, der Einstellungsbeschluß hätte „lediglich einen prozeßverfügenden Charakter, der nicht in Rechtskraft erwachsen kann“, führt zu der Konsequenz, daß ein Gericht dann, wenn der Staatsanwalt seine Rechtsansicht nicht teilt, das Verfahren gegen seine Überzeugung weiterführen muß. Es handelt sich m. E. hierbei vielmehr um einen durch den Staatsanwalt gemäß § 296 StPO anfechtbaren Beschluß. 4. Ein Problem, das von der Wissenschaft alsbald geklärt werden sollte, besteht in der Abgrenzung zwischen tätlicher Beleidigung und Körperverletzung. Sowohl das Untersuchungsorgan als auch der Staatsanwalt entscheiden diese Frage allzuoft zugunsten der tätlichen Beleidigung. Als Begründung wird meist angeführt, daß man sich mit dem „Kleinkram“ nicht beschäftigen könne. So lehnte z. B. der Staatsanwalt in der Sache 2 Bs 271/55 des Kreisgerichts Bitterfeld die Einleitung eines Verfahrens wegen Körperverletzung ab, obwohl die Privatklägerin derart mißhandelt worden war, daß sie mehr als zwei Wochen lang arbeitsunfähig war. Ein solche Auffassung des Staatsanwalts bedeutet eine Unterschätzung des Schutzes der Rechte der Bürger. GUSTAV JAHN, Leiter der Justizverwaliungsstelle im Bezirk Halle Wie ist § 15 Abs. 4 VO zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten anzuwenden? In NJ 1956 S. 20 nimmt Hinderer zu der Frage Stellung, ob § 15 Abs. 4 VO zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten auch Krankheitsverdächtige erfaßt. Er verneint dies und meint, die im Beschluß des BG Schwerin vom 4. Juli 1955 (NJ 1955 S. 576) vertretene, gegenteilige Auffassung stehe im Widerspruch zum Prinzip der Gesetzlichkeit der Bestrafung in der Deutschen Demokratischen Republik, weil sie sich mit der zulässigen Auslegung eines Strafgesetzes nicht vereinbaren lasse. Dem muß widersprochen werden. Zunächst ist hervorzuheben, daß sich Hinderer darauf beschränkt, die Unrichtigkeit der Auffassung des Bezirksgerichts zu behaupten, ohne auf die im Beschluß dargelegte Begründung dieser Auffassung einzugehen. Er wiederholt damit den seinerzeitigen Fehler des Kreisgeridits und hält sich zu starr an den Wortlaut des § 15 Abs. 4 der VO, ohne dessen Zusammenhang mit den übrigen Bestimmungen der VO genügend Beachtung zu schenken. Es sei hier wiederholt, was schon im Beschluß gesagt ist, daß sich nämlich § 15, wie aus seinem Abs. 1 hervorgeht, auf den von §§ 13 und 14 der VO erfaßten Personenkreis bezieht. § 13 wiederum gebietet dem untersuchenden Arzt die Überweisung eines jeden Kranken oder Krankheitsverdächtigen in ein Krankenhaus, wenn eine der unter Buchst, a, b oder c genannten Voraussetzungen voriiegt. Die auf diese Weise in ein Krankenhaus eingewiesenen Personen dürfen nach § 15 Abs. 1 erst entlassen werden, wenn die Gefahr der Ansteckung vorüber ist. Daß sich dieses Gebot auch auf die in ein Krankenhaus eingewiesenen Krankheitsverdächtigen bezieht, ergibt sich aus der Wendung des Gesetzes: „Wer nach §13 in “. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, daß § 15 Abs. 1 die im § 13 benannten Personen nur insoweit erfaßt, als sie tatsächlich erkrankt sind, etwa deshalb, weil objektiv nur ein tatsächlich Kranker anstecken kann und nur seine vorzeitige Entlassung eine Gefährdung seiner Umgebung bedeutet. Ein solcher Einwand stünde zunächst im Gegensatz zum insoweit klaren Wortlaut des § 15 Abs. 1, der ohne jede Einschränkung von den nach § 13 (also Kranken und Krankheitsverdächtigen) in ein Krankenhaus aufgenommenen Personen spricht. Außerdem ließe er sidi nicht mit den realen gesellschaftlichen Bedürfnissen, die ja gerade zum Erlaß dieser gesetzlichen Bestimmung geführt haben, vereinbaren. Auch eine der Geschlechtskrankheit verdächtige Person muß so lange als eine Gefahrenquelle für ihre Umwelt angesehen werden, wie der Verdacht der Erkrankung nicht durch entsprechende Untersuchungen ausgeräumt ist. Deshalb erstreckt sich das Gebot des § 15 Abs. 1 der VO auch auf die im § 13 mit genannten Krankheitsverdächtigen. Aus dieser Sachlage folgt der zwingende Schluß, daß die VO sich in den Abs. 2, 3 und 4 des § 15, nur um Wiederholungen zu vermeiden, der Bezeichnung „Kranker“ als Sammelbegriff bedient und damit den gesamten vom Abs. 1 dieser Vorschrift bezeichneten Personenkreis erfaßt wissen will. Es ergibt sich also, daß bei Betrachtung des § 15 Abs. 4 in seinen Zusammenhängen mit den übrigen Einzelbestimmungen der VO die Bezeichnung „Kranker“ einen ganz anderen, über den engen Wortlaut hinausgehenden Inhalt bekommt. Anders wäre eine Auslegung dieses vom Gesetz verwendeten Begriffs eine geradezu offene Ungesetzlichkeit. Das gesellschaftliche Bedürfnis zu einer solchen Auslegung des § 15 Abs. 4 ist schon im Beschluß hervorgehoben worden. Auf eine Wiederholung wird deshalb hier verzichtet. Was nun die von Hinderer vorgeschlagene Lösung des Problems durch Anwendung des § 2 Abs. 1 Buchst, b der VO anbelangt, so erscheint sie zwar so bestechend, daß man über die Nichtanwendung dieser Vorschrift durch das Bezirksgericht geradezu verblüfft sein muß. Sie hat jedoch den Nachteil, daß sie auf den in Rede stehenden Fall ebensowenig zutrifft wie auf eine Vielzahl gleicher Fälle. 185;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 185 (NJ DDR 1956, S. 185) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 185 (NJ DDR 1956, S. 185)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

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