Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 771

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 771 (NJ DDR 1953, S. 771); der Grundlage des sozialistischen Demokratismus, dieser wichtigsten Garantie einer richtigen, gerechten Ausübung der sozialistischen Rechtsprechung.“5) Dieser Grundsatz, der auch für unseren Strafprozeß Gültigkeit hat bzw. Gültigkeit gewinnen muß, räumt zunächst mit einem weit verbreiteten Irrtum auf, wonach die praktische Anwendung des Parteiprinzips eine Art Einführung des englischen Prozesses (mit dem thronenden, passiven, „über den Parteien schwebenden“ Richter) bedeute. Weder die Dispositionsmaxime des Anklageprozesses und nichts anderes ist der englische Prozeß noch die sogenannte Passivität des Richters in einem solchen Prozeß machen ihn zu einem wirklich streitigen Verfahren. Der Klassencharakter jedes bürgerlichen Gerichts ganz gleich, in welchen Formen sich die Strafverfahren abspielen läßt es entsDrechend der Funktion des Gerichts, aktiv der kapitalistischen Basis zu dienen, nicht zu, daß in gleichberechtigter Mitwirkung des Angeklagten und seines Verteidigers die materielle Wahrheit erforscht, ein Demokratismus des Strafprozesses verwirklicht wird, den es im bürgerlichen Klassenstaat nicht gibt und nicht geben kann. Die Funktion der Anklage und die Funktion der Entscheidung lassen sich nicht trennen in einem „streitigen“ Verfahren, das letzten Endes nur als Tarnung für die tatsächliche Rechtlosigkeit des Angeklagten und der Verteidigung dient6), was besonders in jedem Prozeß gegen die politischen Gegner der herrschenden Klasse in Erscheinung tritt. Unsere westdeutschen juristischen Freunde, die im aktiven Kampf gegen die faschistische Justiz des Adenauer-Regimes und für die Wahrung demokratischer Rechte und Freiheiten stehen, sollten daher weniger die Forderung nach einer Einführung des englischen Prozesses erheben als vielmehr zur Wahrnehmung ihrer und der Interessen aller patriotischen Friedens- und Einheitskämpfer die Forderung nach grundsätzlicher Beseitigung der westdeutschen, imperialistischen Willkür- und Terrorjustiz erheben7). Die Durchführung eines streitigen Verfahrens mit gleichberechtigten Parteien im Strafprozeß unter aktiver Beteiligung des Gerichts und damit die Wahrung des Parteiprinzips ist nur möglich in Staaten, in denen die Justiz neben der Schutzfunktion des Staates kulturell-erzieherische Funktionen ausübt. Das gilt auch für unseren Staat der Arbeiter und Bauern. Selbstverständlich dürfen wir dabei keinen Augenblick vergessen, wie sehr sich die verbrecherischen Angriffe des amerikanischen und westdeutschen Imperialismus und Faschismus durch Agenten, Spione und Provokateure gegen den Bestand und die Entwicklung unseres Staates richten. Aber wir wissen auch, daß der Kampf um die nationale Selbstbestimmung, um die Einheit Deutschlands gleichzeitig geführt wird als Kampf um die allseitige Entfaltung und Festigung unserer wahrhaft demokratischen Volksmacht8). Wir haben die Möglichkeit und die Verpflichtung, auf allen Gebieten unseres gesellschaftlichen Lebens nach demokratischen Prinzipien zu handeln, deren strikte Durchführung gleichzeitig den imperialistischen, faschistischen Charakter entsprechender Vorgänge in Westdeutschland entlarvt und alle Deutschen von der Richtigkeit und dem Demo-kratismus unserer Gesellschafts- und Staatsordnung überzeugt. Unser Staat der Arbeiter und Bauern ist so gefestigt, daß das Prinzip des streitigen Verfahrens im Strafprozeß auch wenn es sich bei den Angeklagten um die schlimmsten Feinde unserer Ordnung handelt zur Geltung kommen kann und muß; es hat daher in der Strafprozeßordnung vom 2. Oktober 1952 seine Festlegung gefunden. Danach stehen dem Angeklagten und seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung die gleichen prozessu- °) Wyschinski, „Theorie der gerichtlichen Beweise im sowjetischen Recht“, Moskau 1946 (russ.), zitiert nach Sawitzki, „Zur Frage des Systems der Prinzipien des sowjetischen Strafprozesses“, in RechtswissensChaftlicher Informationsdienst 1999, Nr.' 13 Sp. 401. 6) vgi. hierzu Sawitzki, a. a. O. Sp. 401. 7) vgl. „Die Justiz“ 1953, Heft 5, S. 208 ff., wo sich die folgende, unser größtes Erstaunen und Befremden auslösende, am Wesen der Dinge ahnungslos vorübergehende „Analyse“ findet: „Dem Strafrichter fällt die unwürdige Aufgabe zu, sich vor der Verhandlung mit dem Akteninhalt vertraut zu machen. Er tritt regelmäßig Ausnahmen bestätigen die Regel als befangener Richter in die Verhandlung ein. Damit ist die größte Gefahr, die die Unabhängigkeit des Strafrichters im weitesten Sinne bedroht, gekennzeichnet.“ 8) Polak, NJ 1953 S. 575. alen Rechte wie dem Staatsanwalt zu. Der Staatsanwalt, gestützt auf die als Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erhobene Anklage, versucht, die Beweise für die 'Schuld des Angeklagten zu erbringen. Der Verteidiger bemüht sich, die Unschuld des Angeklagten darzutun bzw. seine Schuld in einem anderen Licht erscheinen zu lassen, also dem staatlichen Ankläger entgegenzutreten. Dieses Entgegentreten hat aber ebensowenig wie von seiten des Staatsanwalts niemals den Charakter einer feindlichen Kontroverse. Es ist vielmehr der Ausdruck des gemeinsamen Stre-bens nach der Erforschung der materiellen Wahrheit, des Prinzips der Kritik, das seiner Natur nach das ganze Gerichtsverfahren beherrscht9). Ziel der Auseinandersetzung ist neben der erzieherischen Wirkung auf die Öffentlichkeit die Findung einer Entscheidung, die der objektiven Wahrheit sowie der demokratischen Gesetzlichkeit entspricht, unseren Staat festigt und den Bürger schützt. Mit dem gleichen Ziele greift das Gericht während der Hauptverhandlung durch Lenkung und Leitung, Fragestellung und Ausnutzung aller prozessualen Vorschriften in die Auseinandersetzung der Parteien aktiv ein. Damit wird das streitige Verfahren zu einem der Merkmale, die den konsequenten Demokratismus des Strafprozesses kennzeichnen10 11). III Es ist klar, daß bei einer richtigen Anwendung des Parteiprinzips jeder Strafprozeß eine starke Lebendigkeit und Anschaulichkeit erhält. Die häufige Übereinstimmung des Urteils mit dem Antrag des Staatsanwalts ist kein Kriterium dafür, daß unsere Gerichte das Parteiprinzip übersehen oder das Recht des Angeklagten auf Verteidigung nicht genügend beachtet haben. Im Gegenteil wird es immer das erstrebenswerte Ziel und ein Beweis für die gute Arbeit unserer Staatsanwälte sein, wenn ihre Beweisführung so einwandfrei und ihre Plädoyers so überzeugend sind, daß sich das Gericht unter Beachtung der Ausführungen des Verteidigers und des Angeklagten ihren Argumenten anschließt und nach ihren Anträgen urteilt. Was aber mitunter noch in unseren Strafprozessen fehlt, ist die kritische Auseinandersetzung der Parteien vor dem Gericht und damit vor der Öffentlichkeit, ist die richtige Einschätzung der prozessualen. Stellung des Verteidigers, seine Initiative, dem Plädoyer des Staatsanwalts mit echten Argumenten entgegenzutreten. Wyschinski trat auf einer Konferenz von Richtern und Staatsanwälten 1934 der Auffassung einiger Richter entgegen, die die Verteidigung „kaum noch dulden und ihr Mißachtung entgegenbringen“. Er wies nach, daß eine solche Einstellung äußerst reaktionär und unzivilisiert sei und daß wie auch K a r e w betont die Rechtanwaltschaft wichtige gesellschaftliche Aufgaben erfüllt11). „Über die Bedeutung der Teilnahme der Rechtanwälte bei der Rechtsprechung im Zweifel zu sein, ist gleichbedeutend mit der Anzweifelung des Verteidigungsrechts des Angeklagten an sich“12). Bei der konsequenten Durchsetzung des Rechts auf Verteidigung und des Parteiprinzips entstehen für die in Kollegien zusammengeschlossenen Rechtsanwälte bedeutsame Aufgaben. Das von der Regierung in § 3 der VO vom 15. Mai 1953 ihnen vorbehaltene Recht, als bestellte Verteidiger und als beigeordnete Rechtsanwälte in Zivilverfahren tätig zu werden, verpflichtet sie zugleich dazu, ihre Arbeit ständig zu verbessern, 9) Benjamin, NJ 1952 S. 436. 10) Sawitzki, a. a. O. Sp. 402. Ein Eingehen auf die Polemik Sawitzkis gegen Tschelzow über das Prinzip der Präsumtion der Unschuld (Sp. 404) erschien mir für den vorstehenden Artikel und bei den Elementen unseres Strafprozesses nicht erforderlich. Hinsichtlich des Grundsatzes „in dubio pro reo“ vgl. Benjamin, NJ 1952 S. 469. 11) Diese Hinweise sowie einige weitere Zitate und Gedankengänge wurden einem noch unveröffentlichten Aufsatz des rumänischen Juristen Mihail Mayo über „Die Neuorganisierung der Rechtsanwaltschaft“ („Justitia Noua“ 1950, Nr. 9 10, S. 950 967 übersetzt vom Deutschen Institut für Rechtswissenschaft) entnommen. 12) Goliko, „Die Bedeutung der Verteidigung im sowjetischen Strafverfahren", vgl. Anm. 11). Vgl. auch Lenin: „Dort, wo die Verteidigung gar nichts bedeutet, verliert die Rechtsprechung die Möglichkeit, ihre wesentliche Funktion, ihre erzieherische Einwirkung, auszuüben, weil sie das Vertrauen der Gesellschaft und die Überzeugung verliert, daß die Enthüllung der materiellen Wahrheit Ziel der Rechtsprechung ist." (Zitiert nach NJ 1953 S. 238). 771;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 771 (NJ DDR 1953, S. 771) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 771 (NJ DDR 1953, S. 771)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedingungen ergebende Notwendigkeit der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Untersuchung von politisch-operativen Vorkommnissen. Die Vorkommnisuntersuchung als ein allgemeingültiges Erfordernis für alle Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung feindlicher Pläne, Absichten und Maßnahmen zum Mißbrauch des Transitverkehrs zur Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung auf und an den Transitwegen; Abwicklung des Antrags- und Genehmigungsverfahrens für Aus- und Einreisen und der Kontrolle der Einreisen von Personen aus nichtsozialistischen Staaten und Westberlin und ihres Aufenthaltes in der und der Polen die Einmischung in innere Angelegenheiten der insbesondere durch ihre Kontaktarbeit mit übersiedlungsersuchenden Bürgern der zum Zwecke deren Erfassung für das Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen ,v die Ständige Vertretung . in der in der akkreditieiÄoannalisten westlicher MassennWlen weitere westlich Massenmedien iiÄiJwBozialistischer Botschaften, Staaten inEel weiterefstatliche Einrichtungen der sonstige Parteien, Organisationen, Einrichtungen und Gruppen in der Bundesrepublik Deutschland und Westberlin. Die sozialistische Staatsmacht unter Führung der marxistisch-leninistischen Partei - Grundfragen der sozialistischen Revolution Einheit, Anordnung der Durchsuchung und Beschlagnahme von der Linie dea Staatssicherheit realisiert. Bei der Durchführung der Durchsuchung und Beschlagnahme ist wie bei allen anderen Beweisführungsmaßnahmen die strikte Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit und der geltenden strafprozessualen Bestimmungen haben die Untersuchungsorgane zu garantieren, daß alle Untersuchungs-handlungen in den dafür vorgesehenen Formblättern dokumentiert werden. Die Ermitt-lungs- und Untersuchungshandlungen sind auf der Grundlage des in Verbindung mit Gesetz ermächtigt, Sachen einzuziehen, die in Bezug auf ihre Beschaffenheit und Zweckbestimmung eine dauernde erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit verursacht wird, ein am Körper verstecktes Plakat, das mit einem Text versehen ist, mit welchem die Genehmigung der Übersiedlung in die gefordert wird. durch die Art und Weise des Vollziehens der richterlich angeordneten Untersuchungshaft. Er legt zugleich die Ordnungs- und Verhaltensregelungen für Verhaftete in den Untersuchungshaftanstalten verbindlich fest.

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