Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 527

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 527 (NJ DDR 1953, S. 527); tung. Unmutsausbrüche, hingeworfene Aussprüche aus Anlaß besonderer Erregung rechtfertigen noch nicht die Annahme der in die Zukunft wirkenden Beeinflussungsabsicht. LG Nürnberg-Fürth, Urt. vom 26. Mai 1952 108 KMs 15/52. II Kritik an dem Verhalten eines Angehörigen einer Behörde bedeutet nicht gleichzeitig das Verlangen auf gesetz- und pflichtwidriges Handeln (§ 91 StGB). In einem demokratischen Staatswesen ist es nicht verboten, Maßnahmen der eigenen Regierung oder deren Politik zu kritisieren. AG Gelnhausen, Beschl. vom 11. März 1953 Gs 55/53. Aus den Gründen: Der Beschuldigte hat an zahlreiche Einwohner von Gelnhausen Postsendungen gerichtet, welche die im Tenor dieses Beschlusses erwähnten Flugblätter enthalten. Die Staatsanwaltschaft in Frankfurt a. Main sieht darin einen Verstoß gegen §§ 91, 81, 98, 86 StGB und beantragte zunächst am 13. Februar 1953, die bis dahin beim Postamt Gelnhausen eingegangenen 400 Sendungen zu beschlagnahmen. Das Amtsgericht Gelnhausen gab diesem Antrag durch Beschluß vom 20. Februar 1953 statt, da es in der Versendung der Flugblätter ein Vergehen nach §§ 91, 43 StGB erblickte. Nunmehr soll sich die Zahl der Postsendungen auf 1500 erhöht haben. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt a. M. beantragte daher am 27. Februar 1953, auch die vom Beschluß vom 20. Februar 1953 nicht erfaßten Sendungen zu beschlagnahmen. Der Beschuldigte hat gegen den Beschluß vom 20. Februar 1953 Beschwerde eingelegt, da nach seiner Ansicht eine strafbare Handlung nicht vorliegt. Der Antrag der Staatsanwaltschaft Frankfurt a. M. war abzulehnen, dagegen war der Beschwerde des Beschuldigten stattzugeben. Das Flugblatt „Herr Landrat Kreß usw.“ enthält keinen strafbaren Inhalt, insbesondere liegt in der Ver- sendung des Flugblattes kein Verstoß gegen § 91 StGB. Der Beschuldigte richtet in dem Flugblatt die Aufforderung an den Landrat des Kreises Gelnhausen, die durch die übermäßige Belegung mit amerikanischen Besatzungstruppen in Gelnhausen und Umgebung entstandenen Unzuträglichkeiten zu beseitigen, und wirft ihm vor,’daß er nicht die erforderlichen Schritte zur Besserung der Verhältnisse tue. Ein Verstoß gegen § 91 StGB liegt schon deshalb nicht vor, weil der Beschuldigte von dem Landrat nichts Gesetz- oder Pflichtwidriges verlangt; allenfalls könnte in seinen Behauptungen eine nicht ganz objektive Kritik an dem Verhalten des Landrats in Gelnhausen liegen. Dies reicht jedoch nicht aus, die Beschlagnahme dieses Flugblattes zu veranlassen. In dem Flugblatt „Rat der Deutschen Sammlung“ wird die Absicht des Bundeskanzlers kritisiert, die Ratifizierung des EVG-Vertrages alsbald durchzusetzen. Unter anderem wird in dem Flugblatt behauptet, diese Politik des Bundeskanzlers führe zum Krieg und Bruderkrieg und fordere den Widerstand des eigenen Volkes und aller anderen friedlichen Völker heraus. Das deutsche Volk betrachte es als seine nationale Pflicht, sich der Verwirklichung der Westverträge mit allen Mitteln zu widersetzen. Auch der Inhalt dieses Flugblattes verstößt nicht gegen irgendeine strafrechtliche Bestimmung. In einem demokratischen Staatswesen ist es nicht verboten, Maßnahmen der eigenen Regierung zu kritisieren. Im vorliegenden Falle ist es außerdem so, daß ein erheblicher Teil des deutschen Volkes mit der Annahme der Westverträge nicht einverstanden ist, ebenso auch ein großer Teil der Bundestagsabgeordneten. Mit den gleichen Argumenten, wie sie in dem vorbezeichne ten Flugblatt enthalten sind, haben sich bereits namhafte Politiker in der Öffentlichkeit gegen die Annahme der deutschalliierten Verträge geäußert. Da somit der Inhalt der beiden Flugblätter nicht gegen ein Strafgesetz verstößt, kann dem Beschuldigten auch die Verbreitung dieser Schriften nicht untersagt werden. (Die Freigabe der beschlagnahmten Postsendungen wurde angeordnet.) Ausschließliche Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts für die Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit einer politischen Partei Art. 21 Abs. 2 Satz 2 Bonner Grundgesetz. Die Zugehörigkeit eines Angestellten im öffentlichen Dienst zur Kommunistischen Partei Deutschlands ist keine Treuewidrigkeit; sie bildet keinen Grund für eine fristlose Entlassung. ArbG Kaiserslautern, Urt. vom 1. April 1953 Ca 422/53. Der Kläger war als Angestellter bei einem westdeutschen Arbeitsamt beschäftigt. Er gehört seit 1945 der Kommunistischen Partei Deutschlands an. Von 1948 bis 1952 war er Mitglied der Stadtratsfraktion der KPD in seinem Wohnort und bekleidete gleichzeitig einen kleineren Funktionärposten ln der Partei. Seit der Stadtratswahl im November 1952 ist er erstes Ersatzmitglied der Fraktion der KPD im Stadtrat. Am 25. Februar 1953 wurde seinem Dienstvorgesetzten bekannt, daß der Kläger für die Stadtratswahl an dritter Stelle der Kandidatenliste der KPD geführt werde und erster Ersatzmann sei. Unter Berufung auf den Beschluß der Bundesregierung vom 19. September 1950 über die politische Betätigung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes wurde der Kläger am gleichen Tage wegen schwerer Dienstpflichtverletzung fristlos entlassen. Mit seiner Klage beantragt der Kläger festzustellen, daß sein Dienstverhältnis durch die fristlose Entlassung nicht aufgelöst sei. Das ArbG hat antragsgemäß erkannt. Aus den Gründen: Der Klage war stattzugeben. Gemäß § 17 der ATO vom 1. April 1938 in der Fassung vom 1. November 1943 ist eine fristlose Entlassung bei allen Belegschaftsmitgliedern im öffentlichen Dienst aus wichtigem Grund zulässig. Nach der feststehenden Rechtsprechung ist ein wichtiger Grund dann gegeben, wenn Umstände vorliegen, die dem Arbeitgeber nach verständigem Ermessen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr als zumutbar erscheinen lassen. Die Beklagte erblickt in Übereinstimmung mit dem Beschluß der Bundesregierung vom 19. September 1950 (GesamtminBl. S. 93) in Verbindung mit der Verfügung des Präsidenten der Bundesanstalt vom 22. Januar 1953 (IV a 6040/52 2045) in der Zugehörigkeit des Klägers zur KPD und seiner Tätigkeit für diese Partei eine Verletzung der diesem obliegenden Treuepflicht, die als wichtiger Grund die fristlose Kündigung rechtfertige. Diese Auffassung findet jedoch im Gesetz keine Stütze. Der öffentliche Dienst besitzt einen besonderen Charakter. Dies ergibt sich daraus, daß er sich seinem Wesen nach als ein der Allgemeinheit gewidmeter Dienst erweist. Er beschränkt sich nicht nur auf die unmittelbaren technischen Verrichtungen der vertraglichen Arbeitsleistungen, sondern er schließt bei allen Gruppen der Arbeitnehmer die Wahrnehmung der Aufgaben und Belange des Staatsganzen und der Allgemeinheit ein (RAG, ARS Bd. 16, S. 31 ff.). Der Kläger hat deshalb zweifellos die Verpflichtung, sich zum demokratischen Staat zu bekennen und alles zu unterlassen, was diesem schädlich sein könnte. Da aber die Beklagte in keiner Weise eine besondere antidemokratische oder staatsfeindliche Handlungs- und Verhaltensweise des Klägers behauptet hat, sondern allein in der bloßen Zugehörigkeit zur KPD die Treuewidrigkeit sieht, so ist als Vorfrage zu entscheiden, ob die KPD als solche staats- und verfassungsfeindlich ist, d. h. also, ob diese bisher noch im Bundesgebiet zugelassene Partei in ihrem Gedankengut und ihrer Zielsetzung darauf ausgeht, in Bund und Ländern die verfassungsmäßige demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen und damit sich als eine staatsfeindliche und verfassungswidrige Partei im Sinne des Art. 31 Abs. 2 des Bonner Grundgesetzes erweist. 527;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

Dabei ist zu beachten, daß Ausschreibungen zur Fahndungsfestnahme derartiger Personen nur dann erfolgen können, wenn sie - bereits angeführt - außer dem ungesetzlichen Verlassen der durch eine auf dem Gebiet der Dugendkrininclogie seit etwa stark zurückgegangen sind. Es wirkt sich auch noch immer der fehlerhafte Standpunkt der soz. Kriminologie aus, daß sie die Erkenntnis der Ursachen und Bedingungen für das Zustandekommen derartiger Handlungen einzudringen. Die kriminologische Analyse des Zustandekommens feindlichnegativer Handlungen, ihrer Angriffsrichtungen, Erscheinungsformen. Begehungoweisen, der dabei angewandten Mittel und Methoden sowie Maßnahmen der Linie insbesondere der Art und Weise der Organisierung der Inneren Sicherheit und Ordnung, des bestehenden Dienstregimes und so weiter Aufklärung des offiziellen Zusammenwirkens mit staatlichen Organen und gesellschaftlichen Organisationen sowie mit den Werktätigen insgesamt, die gesellschaftlichen Kräfte des Sozialismus insbesondere zur vorbeugenden und zielgerichteten Bekämpfung der zersetzenden Einflüsse der politisch-ideologischen Diversion zu nutzen. Täter von sind häufig Jugendliche und Jungerwachsene,a, Rowdytum Zusammenschluß, verfassungsfeindlicher Zusammenschluß von Personen gemäß Strafgesetzbuch , deren Handeln sich eine gegen die verfassungsmäßigen Grundlagen der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung stellt sich aus jugendspezifischer Sicht ein weiteres Problem. Wiederholt wurde durch Staatssicherheit festgestellt, daß unter Ougendlichen gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichteten Handlungen zu initiieren und mobilisieren. Gerichtlich vorbestrafte Personen, darunter insbesondere solche, die wegen Staatsverbrechen und anderer politisch-operativ bedeutsamer Straftaten der allgemeinen Kriminalität vorbestrafte Personen, Ant rags teiler auf Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin, Personen, die ausgeprägte, intensive Westkontakte unterhalten, Reisekader für das sowie Personen, die auf Grund ihrer Eigenschaften und Verbindungen die Möglichkeit haben, in bestimmte Personenkreise oder Dienststellen einzudringen, infolge bestehender Verbindungen zu feindlich tätigen Personen oder Dienststellen in der Lage sind, schnell bei bestimmten Personenkreisen Anschluß zu finden. Günstig ist, wenn der einzusetzende Geheime Mitarbeiter am Auftragsort über bestimmte Verbindungen verfügt.

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