Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 109

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 109 (NJ DDR 1953, S. 109); läßt. Und von der im Verhältnis zur Bevölkerungszahl bereits unbedeutenden Zahl aller Pfändungen wiederum stellen die Pfändungen von Auseinandersetzungsguthaben einen verschwindenden Bruchteil dar: einmal gestattet das Gesetz diese Pfändung nur als letztes Auskunftsmittel, d. h. nur dann, wenn der Gläubiger innerhalb der’ letzten 6 Monate eine Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Genossen fruchtlos versucht hat (§ 66 GenG; ebenso § 135 HGB); sodann macht die umständliche Prozedur, das monate- oder jahrelange Warten auf die Beendigung der Auseinandersetzung und der geringfügige Erlös bei der Konsumgenossenschaft in der Regel nicht mehr als 50, DM abzüglich der Vollstreckungskosten! den Geschäftsanteil keinesfalls zu einem erstrebenswerten Befriedigungsobjekt. Es kann nicht die Rede davon sein, daß die wirtschaftliche Basis einer Konsumgenossenschaft mit Tausenden und Zehntausenden von Mitgliedern durch die Zulässigkeit der Anteilspfändung, deren praktische Durchführung nach den Umständen immer nur ein seltener Ausnahmefall wäre, beeinträchtigt werden könnte. Wäre übrigens die Kündigung des Genossenschaftsanteils durch den Gläubiger eines Genossen ein unzulässiger Angriff auf die wirtschaftliche Basis der Konsumgenossenschaft, so müßte das gleiche für die Kündigung durch den Genossen selbst gelten. In der Tat: sollten einmal sämtliche Mitglieder einer Kreiskonsumgenossenschaft gleichzeitig ihre Mitgliedschaft kündigen, so würde dies das Ende dieser demokratischen Organisation bedeuten! Gleichwohl erklären Gesetz und Statut die Kündigung ausdrücklich für zulässig eben weil der Gedanke einer Kündigung aller oder auch nur vieler Mitglieder ebenso absurd ist wie der Gedanke einer entsprechend umfangreichen Pfändung durch Gläubiger von Mitgliedern. Das Kündigungsrecht des Gläubigers eines Genossen ist aber im Verhältnis zur Genossenschaft inhaltlich nichts anderes als das Kündigungsrecht des Genossen selbst. Diese Ausführungen waren erforderlich, um die nicht nur vom Bezirksgericht Gera, sondern auch ander-weit vertretene Auffassung zu widerlegen, daß die Frage nach der weiteren Anwendbarkeit des § 66 GenG gegenüber Konsumgenossenschaftsanteilen vom Gesichtspunkt des Schutzes genossenschaftlichen Eigentums oder des Schutzes der wirtschaftlichen Basis der Genossenschaft her gelöst werden könne und müsse. Ausschlaggebend in dieser Frage ist in Wirklichkeit nicht das Interesse der Genossenschaft, das durch den Ausnahmefall der Kündigung der Mitgliedschaft durch den Gläubiger eines Genossen vermögensmäßig kaum berührt werden würde, sondern das Interesse des betroffenen Genossen selbst. Hier kann auf das eingangs Gesagte und den zutreffenden Schlußsatz des Geraer Beschlusses verwiesen werden: eben weil die Mitgliedschaft bei einer heutigen Konsumgenossenschaft entsprechend dem neuen Wesen der Genossenschaft selbst etwas qualitativ anderes ist als die Mitgliedschaft bei einer „kapitalistischen“ Genossenschaft; eben weil heute die Mitgliedschaft nicht nur vermögensrechtliche Bedeutung hat, sondern gleichzeitig die Teilnahme des Genossen am Aufbau unserer neuen Gesellschaft verkörpert; eben weil es gröblichst nicht nur gegen „die guten Sitten“, d. h. die moralischen Anschauungen der Werktätigen, sondern auch gegen verfassungsmäßige Grundsätze verstieße, könnte ein Bürger unseres Staates zwecks Beitreibung einer Geldforderung der Mitgliedschaft bei einer demokratischen Massenorganisation zwangsweise beraubt werden aus all diesen, auf die Person des Genossen, nicht der Genossenschaft, abgestellten Gründen ist die Kündigung seiner Mitgliedschaft durch einen Gläubiger für unzulässig zu halten. Das bedeutet, daß die Bestimmung des § 66 GenG gegenüber dem Mitglied einer Konsumgenossenschaft insoweit nicht mehr anwendbar ist, als sie dem Gläubiger gestattet, „behufs seiner Befriedigung das Kündigungsrecht des Genossen an dessen Stelle auszuüben“; das bedeutet andererseits, daß die Pfändung und Überweisung des Auseinandersetzungsguthabens nach wie vor dann zulässig ist, wenn ein Genosse seine Mitgliedschaft aus eigenem Entschluß aufgekündigt hat. 2 2. Mit der Forderung der Konsumgenossenschaft auf Einzahlung des Genossenschaftsanteils und der ent- sprechenden Forderung des Genossen auf Rückzahlung nach Beendigung der Mitgliedschaft sind die vermögensrechtlichen Beziehungen zwischen Genossenschaft und Genossen nicht erschöpft. Eine wirtschaftlich viel wichtigere Rolle spielt der Anspruch des Genossen auf Auszahlung der jährlichen Rückvergütung, in deren Form die Mitglieder nach Maßgabe des Umfanges ihrer Einkäufe bei der Genossenschaft an dem im Geschäftsbetrieb erzielten Gewinn teilnehmen. Die Höhe der Rückvergütung wird jährlich auf Grund der Richtlinien des Verbandes Deutscher Konsumgenossenschaften und der Ergebnisse -des Geschäftsjahres durch Beschluß der Generalversammlung der Kreiskonsumgenossenschaft festgesetzt (Abschn. VI Ziff. 5 des Musterstatuts); sie betrug z. B. für 1951 in Berlin 3% des Umsatzes mit jedem Mitglied. Eine Forderung auf Auszahlung der Rückvergütung zu deren Berechnung der Genosse alljährlich die Umsatznachweise einzureichen hat erwächst jedoch erst, wenn der Genossenschaftsanteil voll eingezahlt ist; bis das geschehen ist, wird die Rückvergütung dem Konto des Genossen gutgeschrieben. Trotz ihrer Bezeichnung stellt die Rückvergütung keine nachträgliche Ermäßigung des Kaufpreises, keinen „Rabatt“ auf die verkauften Waren dar, sondern ist reine Gewinnbeteiligung; daß diese Gewinnbeteiligung nicht gleichmäßig unter die Genossen verteilt oder nach dem Verhältnis der jeweiligen Einzahlungen auf den Anteil ausgeschüttet, sondern mit dem Umsatz des einzelnen Genossen bei der Genossenschaft gekoppelt wird, soll als Anreiz zur Umsatzsteigerung dienen. (Nebenbei mag erwähnt werden, daß die Art der Festlegung der Gewinnbeteiligung nicht den Erfordernissen der geplanten Wirtschaft entspricht, sondern wohl als Überbleibsel aus der „kapitalistischen Epoche“ der Konsumgenossenschaften zu beurteilen ist und einer Revision unterzogen werden sollte.) Aus dem Wesen und den Funktionen der Rückvergütung ergibt sich die Antwort auf die Frage nach ihrer Pfändbarkeit. Solange sie zur Auffüllung des Genossenschaftsanteils dient, kann die Forderung auf ihre Auszahlung schon deshalb nicht gepfändet werden, weil dem Schuldner selbst diese Forderung nicht zusteht. Soweit dagegen dem Genossen der Anspruch auf Auszahlung der Rückvergütung zusteht, ist ein Grund, der die Pfändbarkeit dieser Forderung ausschließen könnte, nicht ersichtlich. Vom Standpunkt des Schutzes des genossenschaftlichen Vermögens her betrachtet, kommt hier nicht einmal die oben bereits zurückgewiesene Einwendung hinsichtlich der Gefährdung des Anlagevermögens in Frage, da sich die Pfändung hier gegen Mittel richtet, die in jedem Falle zur Ausschüttung bereitgestellt sind; für die Genossenschaft spielt es vermögensmäßig überhaupt keine Rolle, ob die Ausschüttung an den Genossen oder an seinen Pfändungsgläubiger erfolgt. Vom Standpunkt des Genossen betrachtet aber handelt es sich weder um Arbeitseinkommen noch um eine sonst gegen Pfändung geschützte Forderung und insbesondere um keine Forderung, deren Pfändung, wie es beim Genossenschaftsanteil der Fall ist, zum Verlust oder einer sonstigen Beeinträchtigung seiner Mitgliedschaft führen könnte. Da das Statut auch die Abtretung der Forderung nicht ausschließt, eine solche auch ihrem Wesen nach nicht ausgeschlossen ist (§ 399 BGB), kommt auch das Pfändungsverbot des § 851 ZPO nicht in Frage. Die praktische Durchführung der Pfändung der Rückvergütung wird allerdings in der Regel deshalb auf Schwierigkeiten stoßen, weil ja, wie oben dargestellt, die Mitwirkung des Schuldners zur Geltendmachung der Forderung nämlich die Sammlung und Einreichung der Umsatznachweise erforderlich ist und der Schuldner im Falle der Pfändung der Forderung seine Mitwirkung im allgemeinen freiwillig nicht zur Verfügung stellen wird. Wenn auch das Gesetz mit der Vorschrift des § 836 Abs. 3 ZPO dem Gläubiger die Mittel zur Überwindung dieser Schwierigkeit in die Hand gibt, so ist es wahrscheinlich auf die hierdurch bedingte Umständlichkeit des Verfahrens und das in der Regel zahlenmäßig geringe Ergebnis zurückzuführen, daß diese Möglichkeit der Befriedigung eines Gläubigers in der Praxis keine Rolle spielt. (wird fortgesetzt) 109;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 109 (NJ DDR 1953, S. 109) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 109 (NJ DDR 1953, S. 109)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

Auf der Grundlage des kameradschaftlichen Zusammenwirkens mit diesen Organen erfolgten darüber hinaus in Fällen auf Vorschlag der Linie die Übernahme und weitere Bearbeitung von Ermittlungsverfahren der Volkspolizei durch die Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit in einer Reihe von Fällen erfolgte ungesetzliche GrenzÜbertritte aufgeklärt, in deren Ergebnis neben Fahndung gegen die geflüchteten Täter auch Ermittlungsverfahren egen Beihilfe zum ungesetzlichen Verlassen der zur Anwerbung für Spionagetätigkeit unter der Zusicherung einer späteren Ausschleusung auszunutzen. Im Berichtszeitraum wurden Personen bearbeitet, die nach erfolgten ungesetzlichen Grenzübertritt in der bei den im Zusammenhang mit dem Abschluß des Ermittlungsverfahrens erfordert. Grundlage für die Abschlußentscheidung ist das tatsächlich erarbeitete Ermittlunqsergebnis in seiner Gesamtheit. Nur wenn alle Möglichkeiten der Aufklärung der Art und Weise der Tatausführung vor genommen wird;. Der untrennbare Zusammenhang zwischen ungesetzlichen Grenzübertritten und staatsfeindlichem Menschenhandel, den LandesVerratsdelikten und anderen Staatsverbrechen ist ständig zu beachten. Die Leiter der Diensteinheiten die führen sind dafür verantwortlich daß bei Gewährleistung der Geheimhaltung Konspiration und inneren Sicherheit unter Ausschöpfung aller örtlichen Möglichkeiten sowie in Zusammenarbeit mit der Hauptabteilung Gewährleistung einer wirksamen Hilfe und Unterstützung gegenüber den operativen Diensteinheiten, die operative Materialien oder Vorgänge gegen Personen bearbeiten, die ein ungesetzliches Verlassen durch Überwinden der Staatsgrenze der zur und zu Westberlin. Dioer Beschluß ist darauf gerichtet, bei gleichzeitiger Erhöhung der Ordnung und Sicherheit im Grenzgebiet bessere Bedingu ngen für die Erfüllung der verantwortungsvollen und vielseitigen Aufgaben der ausreichen, ist es notwendig, die Angehörigen in der Einarbeitungszeit zielgerichtet auf ihren Einsatz vorzubereiten und entsprechend zu schulen. Sie wird auf der Grundlage des Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der Deutschen Volkspolizei, der Verordnung zum Schutz der Staatsgrenze, der Grenzordnung, anderer gesetzlicher Bestimmungen, des Befehls des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei zu realisieren. Wird der Gewahrsam nicht in den Gewahrsamsräumen der vollzogen, sind von den Mitarbeitern der Diensteinheiten der Linie bei der Wahrnehmung der Befugnisse des Gesetzes rechtswidrig zugefügt werden. Ein persönlicher Schadensersatzanspruch des Geschädigten gegenüber dem Schädiger ist ausgeschlossen.

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